KEM-Managerin des Jahres. Obwohl in der Ökoregion Kaindorf nur knapp 6.400 Einwohner:innen leben, zählt sie zu einer der bekanntesten und innovativsten Klima- und Energie-Modellregionen Österreichs. Das ist nicht zuletzt dem unermüdlichen Einsatz von Margit Krobath zu verdanken. Am 28. Mai wurde sie von ihren Kolleg:innen bei der KEM-Hauptveranstaltung in Mondsee zur KEM-Managerin des Jahres 2024 gewählt.
Margit Krobath arbeitet seit 2008 für den Verein Ökoregion Kaindorf. Dieser wurde 2007 als Netzwerk der steirischen Gemeinden Ebersdorf, Hartl und Kaindorf gegründet – als Verbindungsglied zwischen den Gemeinden, der Wirtschaft, den Arbeitsgruppen und der Bevölkerung. Seit 2020 ist sie dessen Geschäftsführerin. 2015 wurde Krobath KEM-Managerin und 2017 auch KLAR!-Managerin der Ökoregion. Seit 2022 fungiert sie auch als Obfrau der Klima-Plattform (Verein der Klima-Modell-Regionen Österreich)* und steht in dieser Funktion KEM-Manager:innen aus dem gesamten Bundesgebiet mit Rat und Tat zur Seite.
Der Verein Ökoregion Kaindorf hat rund 600 Mitglieder, etwa 100 davon bringen sich aktiv in Arbeitsgruppen und Spin-offs ein, die meisten von ihnen ehrenamtlich. Sie ernteten in den vergangenen Jahren zahlreiche Auszeichnungen und noch viel mehr Besuche von internationalen Delegationen, Partnerregionen und Kamerateams. Nicht nur das Humusaufbauprojekt, sondern auch das 24-Stunden-Biken (nunmehr ULTRARadChallenge Oststeiermark) das Genussradeln und Natur im Garten Steiermark locken Gäste aus dem In- und Ausland nach Kaindorf.
„Margit Krobath hat sich die Auszeichnung KEM-Managerin des Jahres durch ihre langjährige intensive und vielfältige Arbeit für den Klimaschutz redlich verdient“, gratuliert Bernd Vogl, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, herzlich. „Großartig, dass sie ihr Know-how im Rahmen der Klima-Plattform auch mit ihren Kolleg:innen teilt!“
Frau Krobath, die Ökoregion Kaindorf erlangte zunächst durch das Humusaufbauprojekt internationale Beachtung. Wie viel CO2 konnte dadurch bislang in den Ackerböden eingelagert werden?
Margit Krobath: Das Projekt wurde vor 17 Jahren von unserem Arbeitsgruppen-Leiter Landwirtschaft, Gerald Dunst, ins Leben gerufen und startete 2010 mit der Gründung des Zertifikate-Handels für nachweislich auf Ackerflächen gebundenes CO2 so richtig durch. Die Umstellung auf regenerative Landwirtschaft ist mit Kosten für die Landwirt:innen verbunden, welche sie mit dem Erlös aus dem Zertifikate-Handel bei gesteigertem Humuswert mindern können. Wir wissen von 433 landwirtschaftlichen Betrieben, die heute nach unseren Empfehlungen auf rund 5.500 Hektar Humusaufbau betreiben. Damit konnten bislang in etwa 18.000 Tonnen CO2 in den Böden eingelagert werden. Nachgewiesen ist ebenfalls, dass der Stickstoff umso besser gebunden bleibt, je höher der Humusgehalt im Boden ist. Das Grundwasser wird dadurch entlastet, und Humusböden speichern zudem fünfmal mehr Wasser bei Starkregenereignissen.
Was ist Ihr aktuelles Lieblingsprojekt?
Das ist schwierig zu beantworten, aber ich würde sagen: das jährliche Genussradeln. Das kommt bei Einheimischen und Gästen sehr gut an. Es fördert die gesunde und nachhaltige Bewegung, macht Spaß und führt zu vielen unserer Partnerbetriebe, wo auf die Teilnehmer:innen regionale Köstlichkeiten warten. Damit leistet dieses Green Event auch einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung und fördert den sanften Ökotourismus.
Das Radfahren liegt Ihnen und der Region besonders am Herzen?
Ja. Schon 2010 wurden 1,3 Millionen Euro in die Radverkehrsinfrastruktur investiert. 2018 wurden Genussradwege angelegt, die nicht nur dem Tourismus, sondern auch dem Alltagsradverkehr dienen. Unser 24-Stunden-Radeln, an dem jährlich rund 1.300 Teilnehmer:innen an den Start gehen, wurde mehrfach beim „Green Event“-Wettbewerb als nachhaltigste Sportveranstaltung Österreichs ausgezeichnet und wird seit einigen Jahren vom greenteam, dem Radclub der Ökoregion Kaindorf, als ULTRARadChallenge weiter veranstaltet. Ebenfalls prämiert wurde unser Projekt „100 km ohne Auto – ein Baum – ein Traum!“ im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche 2023. Pro 100 Kilometer, die mit dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt wurden, haben wir einen Baum gepflanzt.
Wie viele Bäume kamen dabei zusammen?
22 klimaresistente Bäume wurden gepflanzt und drei Baumpatenschaften vergeben.
Sie selbst fahren aber auch ein elektrisch betriebenes Tuk-Tuk und haben einen Boom ausgelöst. Wie kam es dazu?
Einer unserer Obstbauern hatte ein Problem mit dem Apfelwickler und hat sich zur biologischen Schädlingsbekämpfung einen mobilen Hühnerstall zugelegt. Das hieß aber auch, dass er jeden Tag mit dem Traktor fahren musste, um sein Federvieh zu füttern und die Eier einzusammeln. Er erkundigte sich bei mir nach einer ökologischeren Alternative – und so stießen wir auf die Tuk-Tuks eines rumänischen Herstellers. Das elektrische Dreirad gefiel ihm – und nicht nur ihm. So entstand der Verein Öko-Mobil, der diese Fahrzeuge, mit denen bis zu 250 Kilogramm Ladegut transportiert werden kann, importiert und bis heute 3.500 davon ausliefern konnte.
Öko-Mobil importiert aber nicht nur, sondern exportiert auch Ideen nach Rumänien. So gibt es die Tuk-Tuks heute auch mit auf 25 km/h gedrosseltem Antrieb, sodass die Fahrzeuge in Österreich als Elektrofahrräder gelten und gefördert werden können. Außerdem werden nun auch serienmäßig Varianten angeboten, die statt Lasten zwei Personen befördern können und ein Photovoltaikdach haben, sodass man das Tuk-Tuk kaum noch an die Steckdose anschließen muss. Demnächst wollen wir mit der längsten Tuk-Tuk-Kolonne der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde kommen.
Apropos Photovoltaik, wie schreitet der Ausbau in der Ökoregion voran?
Sehr gut. Wir konnten die installierte PV-Leistung seit 2020 verdreifachen und liegen nun bei 1,8 kWp pro Einwohner:in. Im April wurde die PV-Überdachung des P&R-Parkplatzes in Kaindorf mit 180 Stellplätzen fertiggestellt. Dieses Projekt bringt ein weiteres MWp.
Ist die Ökoregion schon raus aus Öl?
Leider noch nicht ganz. Aber wir konnten in den vergangenen zwei Jahren dank der guten Förderung immerhin 100 Heizungsumrüstungen initiieren.
Und wie viel Natur ist schon in den Gärten?
Viel. Dieses Thema bearbeiten wir ja schon von Anfang an. 2013 organisierten wir den ersten Pflanzentauschmarkt, der sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Heuer haben wir im Rahmen von Natur im Garten einen zertifizierten Lehrgang zur ökologischen Grünraumpflege abgehalten, an dem 22 Personen, vor allem aus Gemeinden und Beherbergungsbetrieben, teilnahmen.
Wie läuft das 2016 gegründete Second-Hand-Geschäft?
Sehr gut. Da die Verkaufsfläche relativ klein ist, werden hier vor allem Gewand, Fahrräder, Skier und andere Produkte für Babys und Kinder sowie Umstandsmode verkauft. Da aber immer wieder auch nach Bekleidung für Erwachsene gefragt wurde, organisieren wir nun Kleidertauschabende, die vor allem bei Jugendlichen sehr gut ankommen. Bei den Altstoffsammelzentren haben wir Re-Use-Boxen für Spiele, Sportartikel, Haushalts- und Elektrogeräte aufgestellt. Zudem konnten wir im Green Shop eine regelmäßige Repair-Station einrichten, die jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat mit ehrenamtlichen Bastler:innen besetzt ist.
Was möchten Sie als KEM-Manager:innen des Jahres Ihren Kolleg:innen empfehlen, die gerade erst ihre Arbeit aufnehmen?
Es ist sehr wichtig, bei allen Projekten die richtigen Stakeholder:innen zu finden und immer auch die Bürgermeister:innen auf seiner Seite zu haben.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre nächsten Projekte!
* Der Verein vertritt nun auch die Interessen der KLAR!-Regionen und ist über diese Website erreichbar.
Weitere Informationen: