In vielen Gemeinden der KEM Bezirk Perg dürfen neu errichtete Photovoltaikanlagen ihre Überschüsse nicht mehr ins Netz einspeisen. KEM-Manager Kurt Leonhartsberger arbeitet mit dem Projekt OpenGrid4PV an einer Lösung mit und zeigt, wie der Ausbau der Sonnenenergie auch unter schwierigen Bedingungen gelingen kann.
„Auch wenn derzeit die Einspeisung von überschüssigem Solarstrom in das Netz für neue Anlagen nicht umsetzbar ist, steht einer Installation Ihrer Photovoltaikanlage nichts im Wege“, heißt es auf der Website des E-Werks Perg. Doch nicht alle lesen bis zum letzten Halbsatz. Und so glauben manche, neue PV-Anlagen seien in Ihrer Region nun verboten. Kurt Leonhartsberger muss immer wieder erklären, dass dem nicht so ist. Und er zeigt eine Reihe von Auswegen auf, wie sich die Energiewende mit Photovoltaik trotzdem vorantreiben lässt.
Forschungsprogramm. Im vergangenen September reichte er das Forschungsprojekt OpenGrid4PV bei Future Energy Technologies ein und erhielt im November die Förderzusage durch das Land Oberösterreich. Am 1. März startete das zweijährige Projekt gemeinsam mit der FH Oberösterreich, der eww AG, sticon und dem E-Werk Perg. Das Ziel ist die Entwicklung von anwendbaren, kostengünstigen, zeitnah umsetzbaren und gesellschaftlich akzeptablen Lösungen, um die Kapazität zur Integration von PV-Anlagen in Nieder- und Mittelspannungsnetzen zu erhöhen.
„Es ist ja nicht so, dass unser Stromnetz ständig völlig ausgelastet ist, im Gegenteil“, erklärt Leonhartsberger. „Tatsächlich geht es aktuell um wenige Sonntage im Hochsommer, wenn die Industrie nicht produziert und auch der private Verbrauch sinkt, weil man an heißen Tagen zum Beispiel lieber kalt isst, statt den Herd einzuschalten, oder im Garten sitzt statt vor dem Bildschirm.“ Anders formuliert: An den meisten Tagen im Jahr wäre noch genug Platz für zusätzlichen Sonnenstrom. Die angestrebte Lösung von OpenGrid4PV ist daher, weitere PV-Anlagen wieder ins Netz einspeisen zu lassen und zu Zeiten einer drohenden Netzüberlastung einen Teil der PV-Anlagen automatisch vom Netz zu trennen oder die Einspeisung zu drosseln.
„In Australien ist ein derartiges System bereits erfolgreich im Einsatz, warum sollte es bei uns also nicht funktionieren?“, meint Leonhartsberger. Trotzdem muss das erst getestet werden, und auch rechtliche und regulatorische Aspekte sind zu klären. Vorerst sollen zwei Anlagen der Stadtgemeinde Perg und eine private Freiflächenanlage mit Geräten ausgestattet werden, die die Einspeiseleistung regeln können.
Weit verbreitetes Problem. Nicht nur in der KEM Bezirk Perg geraten die Stromnetze an ihre Grenzen. Wie weit verbreitet dieses Problem ist, zeigt ebUtilities.at. Hier werden quartalsweise die verfügbaren Kapazitäten jedes österreichischen Umspannwerks der Netzebene 4 veröffentlicht. „Die Integration erneuerbarer, volatiler und dezentraler Stromerzeugungsanlagen bei gleichzeitiger Gewährleistung einer sicheren und leistbaren Energieversorgung macht umfangreiche Netzverstärkungen, Netzausbau, Digitalisierung und den gezielten Einsatz von Flexibilitätsleistungen notwendig. Der PV-Ausbau in seiner aktuellen Dynamik stellt derzeit alle Netzebenen und Netzbetreiber vor Herausforderungen“, heißt es dazu seitens der E-Control. Ein Netzausbau sei nicht immer zeitnah möglich.
Als Engpässe im Stromnetz des Bezirks Perg gelten vor allem die Umspannwerke Mauthausen und Baumgartenberg der LINZ NETZ GmbH, die das übergeordnete Mittelspannungsnetz betreibt. Der Stromnetz-Masterplan Oberösterreich 2032 sieht einen Neubau des Umspannwerks Mauthausen mit Inbetriebnahme im Jahr 2027 vor. Auch in Baumgartenberg laufen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation – geplante Fertigstellung 2031.
Selbst verbrauchen und speichern. Nun möchte Leonhartsberger zeigen, was auch schon jetzt möglich ist – zum Beispiel das erfolgreich laufende Bürgerbeteiligungsprojekt in Waldhausen. Ursprünglich war hier eine 300-kWp-Anlage für das Dach der Volksschule vorgesehen. Nun werden stattdessen eine 100-kWp-PV-Anlage und ein 100-kWh-Stromspeicher errichtet. Die Anlage soll im Herbst in Betrieb gehen und wird Teil der im Herbst 2022 gegründeten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) Waldhausen. Ein weiteres PV-Projekt läuft beim Altstoffsammelzentrum Dimbach.
Für private Haushalte seien PV-Lösungen mit Speicher ebenso wirtschaftlich, meint der KEM-Manager. Auch E-Autos, die bidirektionales Laden zulassen, können in private oder betriebliche Energiekonzepte integriert werden. Für weitere Bürgerbeteiligungsprojekte gebe es ebenso genug Möglichkeiten. Denn für Gemeinden sind Stromspeicher auch im Sinne der Blackoutvorsorge interessant. So soll der Speicher in Waldhausen nicht nur der EEG, sondern auch der Versorgung einer Notschlafstelle im Turnsaal der Volksschule dienen. „Unsere Kläranlagen sind noch nicht mit PV ausgestattet. Diese könnten den produzierten Strom selbst verbrauchen und benötigen nicht unbedingt eine Netzkopplung“, so Leonhartsberger. „Wir dürfen nicht sudern, was alles nicht geht, sondern müssen tun, was möglich ist. Und bisher haben wir immer noch eine Lösung gefunden.“
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