Kaffee, Kuchen und Schraubenzieher

3 repair cafe c

Im Geschäft heißt es oft: „Kaufen Sie sich lieber ein neues Gerät.“ Reparieren statt Wegwerfen lautet dagegen das Motto der Repair Cafés – und das in angenehmer „Kaffeehaus“-Atmosphäre, gegen eine freie Spende und an immer mehr Orten in Österreich. Die Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Salzburger Seenland blickt auf zehn erfolgreiche Reparaturveranstaltungen zurück.

2015 fand das erste Repair Café im Salzburger Seenland statt. Inzwischen kann KEM-Manager Gerhard Pausch auf zehn Veranstaltungen zurückblicken – und sein Resümee fällt absolut positiv aus: „Auch wenn nur rund drei Viertel der mitgebrachten Gegenstände repariert werden können, freuen sich die Leute. Entweder funktioniert das gute alte Stück wieder oder sie erhalten zumindest die Gewissheit, dass da nichts mehr zu machen ist. Zu manchen Terminen kommen mehrere Hundert Leute. Da müssen wir dann wie beim Arzt Nummern ausgeben.“

Teamarbeit. Wie bereits berichtet, wurden die Repair Cafés im Seenland kürzlich mit dem Regionalitätspreis 2017 der Bezirksblätter Salzburg ausgezeichnet. „Wir arbeiten mit den regionalen Salzburger Bildungswerken zusammen und suchen uns immer einen lokalen Partner – vom Kirchenchor bis zum Carsharing-Verein –, der sich um Speisen und Getränke kümmert“, berichtet Pausch. „Auch von den Gemeinden erhalten wir viel Unterstützung, etwa bei der Raumsuche, beim Aufbau der Werkstatt oder bei der Ankündigung der Veranstaltungen.“

Trotz regionaler Unterschiede funktionieren Repair Cafés nach einem einheitlichen Muster: Eine Gruppe von Reparaturprofis aus verschiedenen Branchen teilt ihr Wissen kostenlos mit Menschen, die etwas reparieren möchten. Die Gegenstände werden also nicht abgegeben, sondern gemeinsam wieder zum Laufen gebracht. Und wie der Name schon sagt, wird bei den Veranstaltungen eine angenehme Atmosphäre hergestellt und fürs leibliche Wohl gesorgt.

Reparaturprofis. Nicht ganz einfach ist die Suche nach HandwerkerInnen, die ihre Dienste kostenlos anbieten. „Wir haben inzwischen aber einen Pool von 15 besonders treuen Reparaturprofis, möchten diesen aber noch erweitern“, so Pausch. Darunter finden sich HTL-Absolventen, Meister, Diplomingenieure, Schneiderinnen und sogar Inhaber größerer Firmen. Angst, dass ihnen ein Geschäft entgehen könnte, haben sie nicht. Im Gegenteil, hier können sie zeigen, dass sich vieles doch noch reparieren lässt und ihre Visitenkarten überreichen.

Mitgebracht werden kann alles, was ein Mensch selbst tragen kann. Im Seenland waren es bislang zu rund 85 Prozent Elektrogeräte, darunter auch ein uraltes Tonbandgerät, das nach der Reparatur die Stimme eines Verwandten preisgab. Eine der Schneiderinnen hat sich auf das Einstellen von Nähmaschinen spezialisiert und konnte fast alle anscheinend defekten Geräte wieder zum Laufen bringen. Neben dem Salzburger Seenland haben auch eine Reihe anderer Klima- und Energie-Modellregionen bereits Erfahrungen mit Repair Cafés gesammelt, zum Beispiel die KEMs Donau-Böhmerwald, Vöckla-Ager, Sterngartl-Gusen, Amstetten Nord und Amstetten Süd.

 

Obsoleszenz. Repair Cafés dienen der Abfallvermeidung und setzen gleichzeitig ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität und die geplante Obsoleszenz – also gegen industrielle Strategien, möglichst kurzlebige Produkte auf den Markt zu bringen. „Manche Geräte sind offensichtlich wirklich auf raschen Verschleiß ausgelegt“, meint Pausch. „So hatten wir bei einem Termin drei defekte Stabmixer derselben Marke, bei einem anderen Repair Café hatten wir zweimal denselben Drucker mit dem gleichen Problem.“

Die ersten gemeinschaftlichen Reparaturveranstaltungen fanden vor etwa 15 Jahren in Deutschland statt. Im Jahr 2009 organisierte die niederländische Umweltjournalistin Martine Postma ihr erstes Repair Café, dokumentierte das Konzept und gründete zwei Jahre später die Stiftung „Stichting Repair Café“. Diese bietet unter anderem Vernetzung mit anderen Initiativen und gegen 49 Euro ein umfangreiches Startpaket, das bei der Gründung eigener Repair Cafés hilft – auch bei heiklen Themen wie Haftung und Versicherung. Seither verbreitet sich die Idee rund um den Globus. So fanden Repair Cafés 2016 erstmals auch in der Türkei und in Ghana statt.

Vernetzung. Hierzulande bemüht sich der Verein RepaNet – Re-Use- und Reparaturnetzwerk Österreich – um Unterstützung für die wachsende Community. „Manche Reparaturinitiativen werden von sozialökonomischen Betrieben im Rahmen ihrer Integrationsarbeit beispielsweise für Langzeitarbeitslose angeboten. Oft wirken aber auch regionale Bildungswerke, lokale Vereine, private Gruppen oder auch die regionale Abfallwirtschaft als treibende Kraft hinter Reparaturveranstaltungen“, erklärt RepaNet-Geschäftsführer Matthias Neitsch.

So sind etwa das Caritas-Projekt Carla und die Volkshilfe in mehreren Bundesländern sozial und Abfall sparend tätig. Die OTELOs treten häufig als Veranstalter von Repair Cafés auf. In Tirol leistet Repair Café Tirol Unterstützung für die OrganisatorInnen von Repair Cafés. Reichhaltige Informationen findet man zudem bei der deutschen Anstiftung. Unter reparatur-initiativen.de bietet sie auch Kontakt zu einigen österreichischen Reparaturinitiativen. Vernetzung sowie Unterstützung bei der Ankündigung von Terminen bietet auch die Facebook-Seite Repair Café Österreich.