KEM-Manager im Porträt. Josef Bärnthaler managte die KEMs Pölstal und Energieautarkes Zirbenland 2020. Nun sind deren Gemeinden Teil der Klima- und Energie-Modellregion Murtal, einer von Industrie und Landwirtschaft geprägten Region mit gewaltigem Potenzial für den Klimaschutz.
20 Gemeinden* mit fast 72.000 Einwohner*innen haben sich 2019 zur KEM Murtal zusammengeschlossen. Und sie möchten mit gutem Beispiel vorangehen. So widmen sich gleich drei KEM-Maßnahmen den Gemeindegebäuden. „Wir haben heuer eine Gebäudedatenbank mit Energiekennzahlen erstellt, aus der sich eine Prioritätenreihung für die Steigerung der Energieeffizienz in Gemeindegebäuden ergibt“, erklärt Josef Bärnthaler. „Die meisten der 163 kommunalen Gebäude sind sanierungsbedürftig, aber immerhin werden nur noch sechs Prozent der Wärme mit fossiler Energie bereitgestellt.“
Sanierungsoffensive. In Weißkirchen in Steiermark wurde heuer die thermische Sanierung der Volksschule und ihres Turnsaals abgeschlossen, beim Schulzentrum Zeltweg läuft sie gerade, und auch in Knittelfeld steht schon bald eine Sanierung des Schulzentrums und des Rathauses auf dem Programm. Alle Gemeindegebäude sollen auf eine Versorgung mit erneuerbarer Energie umgestellt werden.
Auch die Dachflächen nahm Bärnthaler unter die Lupe und untersuchte ihre Tauglichkeit für die Errichtung von Photovoltaikanlagen. Das Ergebnis: Es gibt ein Potenzial für 10,5 MWp mit einer Jahresproduktion von rund 10.000 Kilowattstunden Ökostrom. 83 kWp wurden bereits auf der Volksschule Weißkirchen installiert, weitere PV-Anlagen werden gerade auf Carports und Garagen der Gemeinde Lobmingtal errichtet.
Energiequelle Industrie. Während die Seitentäler des Murtals stark landwirtschaftlich geprägt sind, ist das Haupttal nach wie vor ein wichtiger Industriestandort. Dementsprechend ist das Thema „Energieeffizienz für Unternehmen“ für Bärnthaler vielversprechend. So hat er beispielsweise die Prozesse in der Obersteirischen Molkerei analysiert, die mittelfristig CO2-neutral werden möchte.
Schon derzeit speist die Zellstoff Pöls AG Abwärme ins Fernwärmenetz – aber es könnte künftig noch mehr sein. „Insgesamt ließen sich 15.000 Haushalte mit Wärme allein aus dem Zellstoffwerk versorgen, aber auch andere Unternehmen – wie etwa Stahl Judenburg und Wuppermann Austria – könnten noch stärker in die Wärmeversorgung einbezogen werden“, so Bärnthaler. Der KEM-Manager setzt sich daher für den Fernwärmeausbau ein, möchte aber auch Niedertemperatur-Wärmequellen mittels Wärmepumpen für die Versorgung nutzen.
Weg vom Verbrennungsmotor. Weiters steht der Ausbau der E-Mobilität und des E-Carsharings auf Bärnthalers To-do-Liste. E-Fahrzeuge zum Ausleihen stehen bereits in Judenburg, St. Georgen ob Judenburg, Seckau und Obdach zur Verfügung. „Vor allem bei der jüngeren Generation steht das Teilen hoch im Kurs“, weiß Bärnthaler. Bei den Älteren möchte er Vorurteile mit Vorträgen, Energiestammtischen und Testangeboten abbauen. Auch die Ladeinfrastruktur soll ausgebaut werden. Eine wichtige Plattform werden auch die E-Mobility Play Days von 23. bis 25. September 2022 sein. Diese Veranstaltung ist Österreichs größtes E-Mobilitäts-Branchentreffen, das bereits dreimal in Spielberg veranstaltet wurde.
Neben Vorträgen und Stammtischen setzt Bärnthaler bei der Öffentlichkeitsarbeit auch auf einen Newsletter sowie den Aufbau einer Facebook-Seite. Für die Schüler*innen möchte er nächstes Jahr ein Klimaschulen-Projekt einreichen.
Geowissenschaftler. Josef Bärnthaler, von Freunden auch Sepp genannt, absolvierte den Maschinenbau-Zweig der HTL Kapfenberg und studierte Angewandte Geowissenschaften an der Montanuniversität Leoben. Danach hängte er das Aufbaustudium „Energie-Management und Energie-Consulting in liberalisierten Märkten“ an der Donauuniversität Krems dran. Zwei Jahre lang beschäftigte er sich mit der Bohrloch-Geophysik im Rahmen von Grundwassererschließungen, bevor er 1998 seine Tätigkeit als Energieberater bei der EAO - Energieagentur Obersteiermark aufnahm.
In den vergangenen neun Jahren lehrte er auch als Dozent an der FH Joanneum in Kapfenberg. Doch von dieser spannenden Aufgabe möchte er sich nun zugunsten seiner umfangreichen Arbeiten für die KEM Murtal trennen. In seiner Freizeit zieht es Bärnthaler in die Berge – zum Mountainbiken, Bergsteigen und für Skitouren. Manchmal hat er auch seinen Paragleiter dabei und schwebt lautlos ins Tal.
* Die KEM Murtal besteht aus den Gemeinden Fohnsdorf, Gaal, Hohentauern, Judenburg, Knittelfeld, Kobenz, Lobmingtal, Obdach, Pöls-Oberkurzheim, Pölstal, Pusterwald, Sankt Georgen ob Judenburg, Sankt Marein-Feistritz, Sankt Margarethen bei Knittelfeld, Sankt Peter ob Judenburg, Seckau, Spielberg, Unzmarkt-Frauenburg, Weißkirchen in Steiermark und Zeltweg