Blick zurück und Blick nach vorne

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15 Jahre KEMs – Teil 2. Monika Forster, Simon Klambauer, Margit Krobath und Gerfried Koch: Vier erfahrene KEM-Manager:innen des Jahres beleuchten Erfolge und Erfolgskriterien der Klima- und Energie-Modellregionen und werfen einen Blick in die Zukunft. Ihre junge Kollegin Stephanie Steinböck berichtet, wie sie vor zwei Jahren die Aufnahme in die KEM-Community erlebt hat.

Gerfried Koch unterzieht seine Heimatstadt Baden seit 13 Jahren einer intensiven Energiekur. Der Leiter des Klima- und Energiereferats der Stadtgemeinde Baden wurde 2015 zum ersten KEM-Manager des Jahres gewählt. „Dran bleiben“ und der „Mut zu neuen, noch kaum etablierten Projektideen“ hätten sich ausgezahlt, meint er. Zum Beispiel bei Projekten wie dem Sonnensparbuch mit PV-Bürgerbeteiligung, E-Carsharing in der Gemeinde, dem kommunalen Klimarat, dem kommunalen Energieraumordnungsplan oder den Klimafilmtagen Baden

Margit Krobath war 2007 Mitgründerin des Vereins Ökoregion Kaindorf, den sie heute als Geschäftsführerin leitet. Sie engagiert sich auch als Obfrau des Vereins der Klima-Modellregionen Österreich (Klima-Plattform). Das Humusaufbau-Projekt mit freiwilligem Zertifikatehandel bescherte der Region nicht nur internationales Interesse, sondern 2015 auch die allererste Auszeichnung „KEM-Projekt des Jahres“. Heuer wurde Krobath von ihren Kolleg:innen aus den anderen Regionen zur KEM-Managerin des Jahres gewählt. Besonders stolz ist sie auch auf die erste plastiksackerlfreie Region Österreichs 2011, die Gründung der ÖKES – BürgerbeiteiligungsgmbH & CoKG, die im selben Jahr mit einer 140-kWp-Photovoltaikanlage startete, auf drei Auszeichnungen für die nachhaltigste Sportveranstaltung Österreichs und die Etablierung eines Second-Hand-Shops.

Simon Klambauer arbeitete beim Energiebezirk Freistadt und damit auch in der KEM Freistadt mit, bevor er die KEM Sterngartl-Gusental managte. Er war 2019 der Erste, der sowohl als KEM-Manager als auch mit dem Projekt des Jahres ausgezeichnet wurde (Leitprojekt Giro to Zero). Seit 2022 ist er Geschäftsführer des Vereins der Klima-Modellregionen Österreich (Klima-Plattform). Als seinen größten Erfolg aber bezeichnet er den „Aufbau eines funktionierenden Netzwerks aus Gemeindeamtsmitarbeiter:innen, Lokalpolitiker:innen und engagierten Menschen aus der Bevölkerung, das sich um regelmäßigen Austausch, Projektvorbereitungen und das Vorantreiben der Klima- und Energiewende in der Region bemüht“.

Monika Forster startete als Deutsche und als Frau unter lauter Männern im Vorderwald mit gemischten Gefühlen. Doch die Mitarbeiterin des Energieinstituts Vorarlberg verschaffte sich mit Sachkompetenz und Kreativität rasch Respekt. 2020 feierte sie ihren Doppelsieg als KEM-Managerin und mit dem KEM-Projekt des Jahres. Neben dem bereits in Teil 1 erwähnten höchst erfolgreichen Leitprojekt Paris–Vorderwald etablierte sie auch das Format Klimagipfel, bei dem die Bürgermeister der Region gemeinsam einen Berg besteigen und sich gemeinsame Klimaziele bis 2030 stecken. „Sowohl inhaltlich als auch auf der Beziehungsebene ein Hit“, findet Forster. Bei der dritten Bergtour vor einem Monat etwa wurden 25 ambitionierte Projekte im Mobilitätsbereich beschlossen, darunter 16 neue Radverbindungen. Die regionale EEG Vorderwald wird demnächst unter dem Label „Wälderstrom“ starten.

 

Worauf kommt es an, damit eine KEM erfolgreich wird? 

Simon Klambauer: Das gute Zusammenspiel zwischen KEM-Management, regionalen Verantwortungsträger:innen, den Trägergemeinden und weiteren Player:innen in der Regionalentwicklung ist ein essenzieller Faktor und die Basis, um den kommenden Herausforderungen im Klima- und Energiebereich erfolgreich zu begegnen – gemeinsam und auf die Bedürfnisse der Region abgestimmt.

Monika Forster: Auf Beständigkeit. Man muss mit Nachdruck an den Themen arbeiten, Vertrauen zu und zwischen den Gemeinden aufbauen, in die Region reinhören und sehen, wo Energie für die Umsetzung von Maßnahmen vorhanden ist. Maßgeschneiderte Begleitung und hohe Serviceorientierung für die Gemeinden gehören ebenso dazu.

Margit Krobath: Es ist wichtig, die gesamte Bevölkerung aktiv in die KEM einzubinden, die hellen Köpfe einer Region zu finden und zu motivieren, Klimaschutz in der Region durch sichtbare Projekte voranzutreiben. 

Gerfried Koch: Kontinuität im KEM-Team und in der Gemeindepolitik sind einmal kein Nachteil. Wir haben in vielen Projekten Stakeholder:innen aus der KEM und die Bevölkerung eingebunden und beteiligt. Wir haben auch das Glück, dass eine Fachabteilung der Stadtgemeinde Baden zugleich die Managementstelle der KEM ist. Das ergibt viele Synergien und ermöglicht kurze Wege zu den Entscheidungsträger:innen. Durch großes Vertrauen in den KEM-Manager oder die KEM-Managerin, eröffnen sich Möglichkeiten, innovative Ideen anzugehen. Die Ideen werden besonders durch die finanzielle Unterstützung im KEM-Programm dann auch zu umgesetzten Maßnahmen.

 

Wie sollen sich die KEMs weiterentwickeln?

Margit Krobath: Die KEMs sind in den Regionen fixer Bestandteil einer Gemeinde und tragen als Beirat wesentlich zu Entscheidungen bei, die umweltrelevante Auswirkungen auf die Gemeinde und Region haben. Sie sind Anlaufstelle und von großer Bedeutung für die Meinungsbildung in der Bevölkerung. Die KEMs werden die Gemeinden in Bezug auf den Green Deal und dessen Anforderungen an die Gemeinden unterstützen müssen. Beim Klimaschutz ist der Hausverstand wichtig, Zahlen und Fakten sind es ebenso. Dafür braucht es die KEMs. 

Gerfried Koch: KEMs müssen der Fels in der kommunalen Klima-Brandung bleiben. Das bedeutet: Was immer sich politisch verändert, an den KEMs sollte kein Weg vorbeiführen. Das ist nicht nur für die kommunale Energiewende entscheidend, sondern auch für die Menschen und Unternehmen vor Ort. Eine zentrale Bereicherung für KEM-Manager:innen ist das Netzwerk und der Austausch untereinander. Schlussendlich sollten die KEMs jenen Stellenwert bekommen, der es ihnen ermöglicht, auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene unverzichtbare Partner:innen in der Energie-, Klima- und Verkehrswende werden. Die KEMs sind die Vorbilder und Berater:innen für viele Gemeinden. Wir sind die Ermöglicher:innen einer klimaneutralen Zukunft.

Monika Forster: Nach bald 15 Jahren KEM sehe ich, was möglich wird, wenn man lange dabei ist. Langfristige und ganzheitliche Programme, die Spielräume für individuelle Ansätze lassen, können ganz andere Ergebnisse auf den Boden bringen als themenbezogene kurzfristige Förderprogramme. Das ist eine Entwicklung, die ich den KEMs wünsche: eine langfristige Sicherheit für kompetente Begleitung der Gemeinden. Der österreichweite Austausch ist sehr wertvoll und die Klima-Plattform befördert diesen. Das ist eine gute Richtung, in die wir noch verstärkt gehen sollten.

Simon Klambauer: Ich sehe die Zukunft in „regionalen Kompetenzzentren“, die die unterschiedlichen Regionalprogramme bündeln und als regionaler Dienstleister – im besten Fall mit noch mehr Unterstützung aus Regionalpolitik und noch mehr Ressourcen aus der Verwaltung – Projekt um Projekt im Sinn der Klimaziele umsetzen. So wäre der Fortbestand einer Modellregionen auch ohne zugehöriges Förderprogramm denkbar und sinnvoll. Für das Programm selbst sehe ich ausreichend Qualifikationsmöglichkeiten der „Manager:innen in charge“ als wichtige Faktoren, um die Regionen auch in entsprechender Qualität zu betreuen.

 

Stephanie Steinböck, Sie begannen 2022 Ihre Arbeit als Managerin der KEM Inn-Hausruck. Wie wurden Sie von Ihren Kolleg:innen bei den Schulungs- und Vernetzungstreffen und anderen Gelegenheiten aufgenommen?

Stephanie Steinböck: In zweifacher Hinsicht war für mich 2022 alles neu: Zum einen wurde die KEM in der Region neu gegründet, zum anderen war ich davor auch noch keine KEM-Managerin. Ich hatte das Glück, von Anfang an in der KEM-Community Unterstützung zu finden. Als ich begann, gab es die Klima-Plattform noch nicht, weshalb der Austausch mit Kolleg:innen besonders wertvoll war. Vor allem meine Bürokollegin Eva Lenger von der KEM Inn-Kobernaußerwald und die Kolleg:innen aus Oberösterreich standen mir oft mit Rat und Tat zur Seite. Für diejenigen, die heute starten, ist der Zugang durch die Klima-Plattform sicherlich einfacher geworden.

Die Offenheit und Hilfsbereitschaft der KEM-Kolleg:innen aus ganz Österreich haben mir sehr geholfen. Besonders wichtig war es, sich über Herausforderungen auszutauschen, da sich viele Probleme in den Regionen wiederholen. Die Netzwerktreffen waren für mich essenziell, um persönliche Kontakte zu knüpfen. Diese Kontakte erleichtern es später, das Telefon in die Hand zu nehmen und bei Projekten oder anderen Fragen unkompliziert Unterstützung einzuholen.

In den Regionen stößt man oft auch auf Widerstand, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht. Da ist es besonders wertvoll, sich bei den Netzwerktreffen innerhalb der „Klima-Bubble“ einen Motivationsschub zu holen. Diese Energie braucht man dann, um in den Gemeinden Überzeugungsarbeit zu leisten.

Ist beziehungsweise war es für Sie hilfreich, auf andere KEMs und deren Projekte verweisen zu können? Motto: „Schaut, was die schon alles erreicht haben!“

Stephanie Steinböck: Definitiv. Bei einer meiner ersten Veranstaltungen, der Gründung des Trägervereins Energiewende, habe ich beispielsweise Christian Hummelbrunner von der KEM Traunstein eingeladen. Er hat vor den anwesenden Bürgermeister:innen eindrucksvoll gezeigt, was er in den letzten Jahren erreicht hat. Viele waren sichtlich beeindruckt von den Erfolgen. Dieser Austausch – auch auf persönlicher Ebene – ist für meine Mitgliedsgemeinden immer wieder von großem Nutzen. Besonders wenn es darum geht, von Projekten zu profitieren, die in anderen Regionen bereits erfolgreich umgesetzt wurden.

Dabei ist es mir aber wichtig zu betonen, dass jede KEM individuell bleiben muss. Das Programm sollte stets an die regionalen Potenziale und an das KEM-Management angepasst sein. Nur so können wir wirklich viel erreichen. Die Individualität sehe ich dabei als großen Vorteil, denn sie ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen für jede Region.

 

Weitere Informationen:

Klima-Plattform

KEM Baden -Energiekur

KEM Inn-Hausruck

KEM Ökoregion Kaindorf

KEM Vorderwald