Probieren geht über studieren

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greenstarter im Porträt. Jedes neue Gebäude beeinflusst das (Mikro-)Klima, die Mobilität und auch soziale Aspekte wie die Aufenthaltsqualität. Aktuell kommen umweltrelevante Simulationen den Planer:innen jedoch teuer. InFraReD, ein Spin-off des Austrian Institute of Technology – AIT, möchte solch umfassende Simulationen mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) revolutionieren und für alle zugänglich machen.

 Wer zwischen Wiens Hochhäusern zu Fuß unterwegs ist, wird mitunter vom Winde verweht. Versiegelte Plätze ohne ausreichenden Baumbestand heizen sich im Zuge der Klimakrise immer stärker auf. Eigentlich hätte man das schon bei der Planung wissen können. Aber: „Wenn man in der Planung ein Problem löst, tut sich sehr oft ein anderes auf“, erklärt InFraReD-Projektleiter Angelos Chronis. „Mit InFraReD möchten wir alle relevanten offenen Daten für das Planungsgebiet nützen und mit unserer KI Online-Simulationen ermöglichen.“

Trial and Error. „Aus den Echtzeit-Simulationen erhalten Stadtverwaltungen, Architekt:innen oder Planungsbüros wertvolle Informationen. Sie können ausprobieren, was passiert, wenn Gebäude niedriger dimensioniert oder anders gruppiert werden, oder wenn man die Anzahl und Position von Bäumen verändert“, erläutert Chronis. Wie in einem Videospiel können Gebäude positioniert, verschoben und modifiziert werden – und schon verändern sich die Farben auf dem Bildschirm. Grün steht für gut, gelb für weniger gut und rot für schlecht – und zwar für jene Kategorie, die gerade abgefragt wird, zum Beispiel Windstärken oder Sonneneinstrahlung.

Statt mehrere Tage dauert eine Simulation mit InFraReD nur Sekunden – und statt einer einzelnen „Diagnose“ erhalten die Planer:innen so viele Simulationen, wie sie benötigen, um das Optimum für die künftigen Gebäudenutzer:innen und das Stadtklima herauszuholen.

Geringere Kosten. InFraReD, das Intelligent Framework for Resilient Design, wird nicht kostenlos sein, aber nur den Bruchteil bisheriger Simulationen kosten und auch für Privatpersonen erschwinglich sein – etwa wenn sie nach einer passenden Immobilie suchen. In einem halben Jahr soll die Beta-Version online gehen, die sich vorerst auf Umweltdaten beschränkt.

Innerhalb der nächsten zwei Jahre möchte das internationale Team eine Vollversion anbieten. Diese wird dann auch den Mobilitätsbereich erfassen und es beispielsweise ermöglichen, die Stationen einer neuen oder verlängerten Buslinie oder Straßenbahn optimal zu positionieren. „Aber wirklich fertig wird ein so umfassendes Framework natürlich nie“, lächelt Chronis. Die weitere Entwicklung soll im Rahmen einer offenen Gemeinschaft erfolgen, um die detaillierten Bedürfnisse der Planer:innen und Stadtverwaltungen analysieren und befriedigen zu können. Dazu sucht das InFraReD-Team aktuell nach Kooperationspartner:innen und Investor:innen.

Klimafit für 2050. InFraReD wird nicht nur mit aktuellen (Klima-)Daten arbeiten. Denn Gebäude werden für Jahrzehnte errichtet – und in den nächsten Jahrzehnten ist mit weiter steigenden Temperaturen sowie mit mehr und heftigeren Extremwetterereignissen zu rechnen. InFraReD wird daher auch einen Blick in die Zukunft erlauben. „Denn was heute gebaut wird, soll auch im Jahr 2050 und danach noch funktionieren – für das Klima und für die Menschen“, so Chronis.