greenstarter im Porträt. Im Wald bleibt das Reisig nach dem Baumfällen meist liegen, im Kräuterbau fallen bis zu 30 Prozent der Pflanzenteile in die Kategorie Ausschussware. Schade darum, meint Felix Billiani und destilliert daraus ab Juni 2024 mit seinem Start-up Kesselwerk vor Ort hochwertige ätherische Öle.
Was die Boku-Absolventen Felix Billiani und Stefan Singer 2017 im Rahmen von Workshops mit Showcharakter starteten und bald wieder sein ließen, soll nun zum professionellen Business werden: die mobile Wasserdampfdestillation. Singer hat sich in der Zwischenzeit dem Bio-Kräuterlandbau verschrieben, doch Billiani griff die Idee erneut auf und will nun die Skalierung wagen.
Mehrwert für kleine Betriebe. „Ätherische Öle und Hydrolate werden meistens großindustriell hergestellt. Für die heimischen Land- und Forstwirte rechnet sich eine eigene Anlage oft nicht“, erklärt Billiani. „Wir fahren daher zu den Betrieben und destillieren aus dem erntefrischen Pflanzenmaterial hochwertige und naturreine ätherische Öle und Hydrolate.“ Zeit ist dabei ein wichtiger Faktor. Denn je frischer Salbei, Pfefferminze, Fichtennadeln und viele andere Ausgangsmaterialien sind, umso mehr duftende Inhaltsstoffe können gewonnen werden.
Bis 2026 möchte der Gründer vier mobile Anlagen herstellen und an Standorten in Österreich sowie in benachbarten Gebieten Deutschlands und der Schweiz zum Einsatz bringen. Deutlich größer als die bestehende Pilotanlage sollen die Destillieranlagen sein, aber eben nur so groß, dass sie auf einen Anhänger passen. Dazu sucht Billiani nun nach Mitgründer:innen, die Erfahrungen im Maschinenbau und im Finanzwesen einbringen – und nach Investor:innen. greenstart ist für ihn dabei ein „toller Accelerator“.
Reste verwerten. „Grundsätzlich gibt es in Österreich sehr wenig Kräuterlandbau. Bei diesen Betrieben fallen aber eine Menge an Pflanzenteilen an, die bislang nicht verwertet werden können, zum Beispiel Stängel oder andere Pflanzenteile, die nicht in den Kräutertee oder das Gewürzsäckchen gehören. Doch auch diese enthalten oft hohe Anteile an ätherischen Ölen“, beschreibt Billiani den Mehrwert für seine künftigen Kund:innen.
Die Öle sind begehrte Rohstoffe für die Parfum- und Kosmetikindustrie und werden in kleinen Fläschchen gerne auch von lokalen Bauern- oder Souvenirladen vertrieben. Die bei der Destillation gleichzeitig anfallenden, meist milchigen Hydrolate eignen sich ebenfalls als Zusatzstoffe kosmetischer und medizinischer Produkte, besonders als natürliche Aromen. „Im Waldbau hat das Destillieren zusätzlich den Vorteil, dass die sonst nur schwer verrottbaren Nadeln nach dem Destillieren gut kompostiert werden können“, so Billiani. Selbstverständlich werden alle Öle vor dem Inverkehrbringen mittels Gaschromatographie gründlich untersucht.
Know-how-Transfer. Das Kesselwerk möchte nicht nur destillieren, sondern auch beraten, etwa bei der Schaffung neuer lokaler Produkte für den Tourismus oder beim Bau eigener Destillationsanlagen. Und was sind Billianis Lieblingsdüfte? „Bei den Kräutern der balsamisch duftende Rosmarin, der zu jeder Jahreszeit anders riecht, und bei den Nadelgehölzen die Blaufichte, die herrliche exotische Aromen versprüht. Die Blaufichte produziert ein geniales ätherisches Öl, das an Maracuja und Mango erinnert.“
Sobald die erste große Destillationsanlage gebaut ist, geht es los.