Da standen sie nun, die Autos des Bürgermeisters und der Volksschuldirektorin, von oben bis unten verziert mit Aufklebern. Purer Vandalismus in der Kleinstadt? Aber Moment, die Aufkleber tragen das Stadtwappen, das Logo des Klima- und Energiefonds und der KEM Graz-Umgebung Nord. Was war das los in Frohnleiten?
Es war Freitag, der 13. September. Um acht Uhr in der Früh machten sich die Kinder der Volksschule auf, um die Autos des Bürgermeisters und der Direktorin rundum mit Aufklebern zu schmücken. Die Taten waren gut geplant. Trotzdem landeten die Kinder nicht auf der Polizeiinspektion, sondern im Skyline TV Frohnleiten und auf der Titelseite des von der Stadtgemeinde herausgegebenen Stadtjournals.
Fall gelöst. „Die Idee zu dieser Aktion im Rahmen der heurigen Mobilitätswoche steuerte Robert Rabensteiner bei, der den TV-Kanal betreibt und auch für das Stadtjournal tätig ist“, erklärt KEM-Manager Roman Mühl. Ursprünglich sollte nur das Auto von Bürgermeister Johannes Wagner für eine Woche außer Betrieb genommen werden, doch Volksschuldirektorin Carmen Hödl schloss sich der Aktion spontan an. Die zwei Autos parkten für eine Woche gut platziert vor der Volksschule und auf dem Hauptplatz – wo sie von der Bevölkerung nicht unbemerkt blieben.
„Wir wollten damit zur Diskussion und zu einem Überdenken von Mobilitätsgewohnheiten anregen“, sagt Mühl. Zumindest bei Bürgermeister Wagner ist ihm das gelungen. „Man steigt gewohnheitsmäßig ins Auto und denkt eigentlich gar nicht darüber nach“, meint Wagner. Nach einer Woche zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit einem ausgeborgten Elektroauto, als Carsharing- und Bahnfahrer hat er durchaus Geschmack an der nachhaltigen Mobilität gefunden. „Mit dem Auto brauche ich 25 Minuten nach Graz, mit Bus und Bahn eine Stunde. Aber ich kann die Zeit in der Bahn sinnvoll nützen, komme mit den PendlerInnen ins Gespräch und die Fahrt ist entspannender als mit dem Auto.“ Und da die Bezirkshauptmannschaft gleich neben dem Bahnhof gelegen ist, werde er sicher auch künftig öfter die Bahn nützen.
Konsequenzen. „Auch wenn wir in unserer Region so rasch nicht ganz ohne Auto auskommen werden, müssen wir uns wirklich viel intensiver mit der Raumplanung und der Mobilitätsinfrastruktur auseinandersetzen, sodass man die meisten Wege zu Fuß oder mit dem Rad schnell, sicher und bequem zurücklegen kann“, sagt Wagner und denkt auch über E-Carsharing sowie multimodale Knoten – also Plätze, an denen man bequem von einem auf das andere Verkehrsmittel wechseln kann – nach.
Volksschuldirektorin Carmen Hödl geht am liebsten zu Fuß zur Schule. „Das tut gut. In der Früh ist es ruhig und zu dieser Jahreszeit auch schon recht frisch“, meint sie. Ihr Auto nützt sie nur für größere Einkäufe, wenn sie viele Unterlagen zu schleppen hat oder es in Strömen regnet. So gesehen wird sich in ihrem Mobilitätsverhalten nach der Aktion nicht viel verändern.
Henne oder Ei? Im Vorjahr sah Hödls SQA-Schulentwicklungsprogramm (SQA steht für „Schulqualität Allgemeinbildung“) vor, ein Pedibus-Projekt zu initiieren. „Doch da haben leider die Eltern nicht mitgespielt“, bedauert die Pädagogin. „Ich hatte 223 SchülerInnen, aber nur ein Vater und eine Mutter wären bereit gewesen, die Kinder zu Fuß auf dem Schulweg zu begleiten. Das ist sehr schade!“ Und dann muss sie lachen, während sie über das absurdeste Argument berichtet, das ihr zur Ohren gekommen ist: „Ich muss mein Kind mit dem Auto in die Schule führen, weil es dort wegen des vielen Verkehrs so gefährlich ist.“ Nun hofft die Direktorin auf ein neues Verkehrskonzept, das das Umfeld der Schule sicher machen soll. Vielleicht überlegen es sich dann auch die Eltern anders.