Dem Boden eine Stimme geben

71

greenstarter im Porträt. Nachdem weder Ackerböden noch deren (Mikro-)Lebewesen sprechen können, entwickelt das österreichisch-bayrische Start-up AGAi KI-gestützte Lösungen. Diese liefern den Landwirt:innen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und lokaler Gegebenheiten wertvolle Empfehlungen für gesunde Böden und gute Erträge.

Gleich 13 Pilotprojekte hat AGAi derzeit laufen. „Und das ist erst der Anfang“, sagt Gründer Thomas Hiebaum. Das Start-up entwickelt aktuell KI-Agenten, die so aufgebaut werden, dass sie „edge-fähig“ sind, also in Hinkunft vor Ort direkt genutzt, in lokale Systeme integriert oder sogar in landwirtschaftlichen Fahrzeugen verbaut werden können. Sie bauen auf Bodenprobendaten auf und sammeln vor Ort Informationen wie etwa über die Beschaffenheit von Blättern. Die prädiktiven Analysen der KI helfen Bauern und Bäuerinnen bei wichtigen Entscheidungen wie bei der Saatgutauswahl, bei der Düngung, den einzusetzenden Maschinen und der optimalen Fruchtfolge. Die KI-Agenten sollen aber auch Prognosen erstellen, zum Beispiel wann der beste Erntezeitpunkt ist und welche Qualitäten in welchen Bereichen des Anbaugebiets zu erwarten sind.

Digitale Beratung. Zu den oft nicht frei zugänglichen wissenschaftlichen Informationen aus unzähligen europäischen und nordamerikanischen Studien zieht die KI von AGAi auch Wetterdaten und wirtschaftliche Faktoren wie die zu erwartende Preisentwicklung auf dem betreffenden Markt hinzu. Nicht ersparen können sich Landwirt:innen freilich Bodentests. AGAi empfiehlt auch weiterführende Untersuchungen am Acker.

„Weizen wurzelt beispielsweise in eineinhalb Meter Tiefe und mehr, Mais noch einen Meter tiefer“, erklärt Hiebaum. „Da ist es natürlich sinnvoll, nicht nur aus den obersten 20 Zentimetern Bodenproben zu entnehmen. Denn ausreichend Nährstoffe in der obersten Bodenschicht, bedeutet nicht, dass Pflanzen im bevorzugten Wurzelraum genug davon bekommen.“ Hilfreich sind weiters DNA-Sequenzierungen, um neben der Bodenchemie auch die Biologie in die Bewertungen miteinbeziehen zu können. Welche Nematoden und Bakterien sind vorhanden – und wie geht es den Regenwürmern?

 

Schon jetzt liefert der Bodenpapst, gewissermaßen eine stationäre Urversion der KI-Agenten, interessierten Landwirt:innen wissenschaftsbasierte Antworten auf bodenbezogene Fragestellungen. Der „Papst“ ist noch in Entwicklung, kann aber schon getestet werden. „Das Ziel von AGAi ist, Landwirt:innen mit der KI langfristig individuell zu beraten, ihnen fundierte Antworten auf ihre Fragen einfach zugänglich zu machen und dabei immer die Bedürfnisse des Bodens im Blick zu haben – für eine bessere Resilienz, weniger Erosion, stabile Erträge sowie mehr CO2-Einlagerung und Klimaschutz“, fasst Hiebaum zusammen.

Geballtes Wissen. Die im April 2024 gegründete AGAi FlexKapG besteht derzeit aus einem vierköpfigen Team: Thomas Hiebaum bringt wertvolle Erfahrungen aus der Landtechnikbranche und Innovationen in der Agrartechnologie mit. Diego Rodriguez ist ein erfahrener KI-Ingenieur, Alexandra Bachhuber bringt als Expertin für Self Development Fragen und Lösungen in Einklang und Fatima Johansson steuert ihr Know-how zu den Themen User Interface und User Experience bei.

Im heurigen Herbst möchte AGAi die laufenden Pilotprojekte ans Ziel bringen und mit der Investor:innensuche beginnen. Klappt alles wie geplant, wird das Start-up weitere KI-Entwickler:innen, die selbst KI-gestützt arbeiten, einstellen und die Skalierung starten. In der Zwischenzeit genießen die Gründer:innen die Unterstützung durch greenstart. Die Start-up-Initiative des Klima- und Energiefonds liefere „Gratishilfe und Cash, genau das, was ein Start-up braucht“, meint Hiebaum. Er freut sich auch auf mögliche künftige Projekte mit KLAR!-Regionen.

Weitere Informationen:
AGAi/Bodenpapst
greenstart