Radfahrkurse mit doppeltem Nutzen

Radkurs

Radfahren ist gesund, klimafreundlich und kostengünstig. Allerdings trauen Eltern ihren Kindern oft nicht mehr zu, mit dem Fahrrad auf der Straße zu fahren. Das Leitprojekt „Kind-Eltern-Radkurse – We KER for safety“ der KEM StadtLandSee lädt daher Familien ein, sich mehr Sicherheit und Selbstvertrauen auf dem Rad zu anzueignen.

Acht Kind-Eltern-Radkurse mit insgesamt rund 90 Kindern haben bereits in der Steiermark stattgefunden: in Kapfenberg an der Grenze zu Bruck an der Mur, in Hartberg und in Deutschfeistritz. Initiiert hat das Leitprojekt Anja Benesch, Managerin der KEM und KLAR! StadtLandSee (Bruck an der Mur, Kapfenberg und Tragöß-Sankt Katharein). Die Inspiration dazu holte sie sich in der Schweiz, wo sie viele Jahre arbeitete und sich auch für Pro Velo – das Schweizer Pendant zur österreichischen Radlobby – engagierte.

An den Rand gedrängt. „Es tut mir weh, Kinder zu beobachten, wenn sie sich mit ihrem Rad ganz an den Fahrbahnrand drücken und dadurch Gefahr laufen, mit dem Pedal an der Gehsteigkante hängenzubleiben oder in eine aufgehende Autotür zu krachen“, sagt Benesch. „In Bruck an der Mur wird bereits viel in eine sichere Radverkehrsinfrastruktur investiert, für Kapfenberg gibt es ein Radverkehrskonzept, dessen Umsetzung 40 Millionen Euro kosten würde.“ Auf ein lückenloses Radwegenetz zu warten, ist der KEM-Managerin jedoch zu wenig, und so möchte sie auch den kleinsten Verkehrsteilnehmer:innen direkt helfen – bei der perfekten Beherrschung ihres Fahrzeugs  und zu mehr Selbstbewusstsein im Straßenverkehr.

Die Kind-Eltern-Radkurse dauern jeweils drei Stunden mit einer Pause. Vormittags findet ein Kurs für Anfänger:innen in einem geschützten Bereich ohne Verkehr statt, nachmittags fahren die fortgeschrittenen Kinder nach der Pause in die Verkehrsrealität, natürlich in Begleitung der Erwachsenen. „Geübt werden unter anderem das Geradeaus- und Slalomfahren, Zielbremsen, der Schulterblick vor dem Linksabbiegen, Handzeichen geben, das Verhalten in einem Kreisverkehr und die wichtigsten Vorrangregeln“, erklärt Jörg Ofner. Er leitet gemeinsam mit seinem Team von der Radfahrschule JO! Mobilitätsbildung e.U. die Kurse. „Es geht darum, das Rad so gut zu beherrschen und die Bewegungsabläufe so zu automatisieren, dass sich die Kinder auf der Straße voll auf den Verkehr konzentrieren können.“

Kaffee und Infos. Neu an diesem Kurskonzept ist, dass die Eltern ihre Kinder nicht nur bringen und abholen, sondern während des Kurses auf Kaffee und Kuchen eingeladen werden. Natürlich mit Hintergedanken. Denn auch mit den Erwachsenen wird im Rahmen eines Vortrags über das Alltagsradfahren, seine Freuden und Gefahren, gesprochen. „Ganz sicher kommt die Sprache auch auf den toten Winkel von Lkws und Bussen“, hält Ofner fest und freut sich, auch die positiven Veränderungen für das Radfahren durch die StVO-Novelle 2022 vermitteln zu können.

So dürfen Erwachsene nun (mit Ausnahme von Schienenstraßen) links neben ihren Kindern fahren. „Dadurch kann verhindert werden, dass das Kind zu knapp überholt wird. Das ist für Erwachsene schon sehr unangenehm, kann für kleine Kinder aber ein echtes Schockerlebnis darstellen“, so Ofner.

KEMs gesucht. Die nächsten vier Kurse sind im September in Kärnten geplant. „Außerdem suchen wir noch KEMs aus zwei weiteren Bundesländern, die ebenfalls kostenlose Kind-Eltern-Radkurse anbieten und eine speziell Trainerschulung für diese Kurse erhalten möchten“, lädt Benesch zur Nachahmung ein. Längerfristig wünschen sich die KEM-Managerin und der klimaaktiv-zertifizierte Radfahrlehrer (Mastertrainer), dass die Kind-Eltern-Radkurse ein eigenes Modul im klimaaktiv mobil-Programm erhalten.

Ein Kurs, zwei Zielgruppen. Schließlich geht es einerseits darum, die Kinder für eine nachhaltige Mobilitätszukunft zu rüsten und ihnen mehr Sicherheit zu geben. Andererseits werden die Eltern in ihrer Rolle als private Trainer:innen und Begleiter:innen unterstützt – und manchmal vielleicht auch dazu motiviert, ihr eigenes Verhalten als Autofahrer:innen zu reflektieren.