Greenstarter im Porträt. Mathieu Lebranchu bringt mit seinem Start-up Plantika mehr Grün auf die Dächer der Städte – und zwar auf Dächer, die sich bislang nicht für eine Begrünung eigneten. Damit möchte er einen Beitrag zur Klimawandelanpassung und zu einem angenehmeren Mikroklima leisten.
Die Stadt Wien hat ihre gesamte 5400 Hektar große Dachfläche auf ihr Potenzial für Dachbegrünungen untersucht. Aufgrund der Dachneigung könnten nur 20 Prozent der Dächer leicht und weitere 14 Prozent möglicherweise mit baulichem Mehraufwand begrünt werden. „Mindestens zwei Drittel der Dachflächen sind derzeit also nicht für eine Begrünung geeignet – und in der Praxis wohl noch mehr, da sich Blech- und Ziegeldächer nicht für eine herkömmliche Begrünung eignen. Das möchten wir ändern“, sagt Mathieu Lebranchu.
Großes Potenzial. Die Falze von Blechdächern würden durch ihre Kapillarwirkung Feuchtigkeit in die Unterkonstruktion saugen. Ziegeldächer können durch Pflanzenwurzeln beschädigt werden. Plantika macht es nun erstmals möglich, auch diese Dächer in Grünoasen zu verwandeln. In einem ersten Schritt entwickelt Plantika ein Modulsystem für Blechdächer, wobei die einzelnen Elemente auf die Dachfalze geklemmt werden. Parallel dazu arbeitet das Start-up an Befestigungssystemen für Ziegeldächer und Fassaden.
Die Modulgehäuse bestehen derzeit aus Aluminium-Lochblech oder kostengünstigerem verzinktem Blech. Doch Lebranchu möchte in den nächsten Monaten auch mit einem Werkstoff auf Hanfbasis experimentieren, der im Schiffbau zum Einsatz kommt. Gefüllt werden die Module mit einer wurzelfesten Schicht und statt Erde mit einer Wachstumsschicht aus chemiefreier Mineralwolle, die viermal so viel Wasser aufnehmen und speichern kann. Alle Bestandteile sind recycel- oder kompostierbar.
Mit PV kombinierbar. „Da wir unsere Module in der jeweils benötigten Wunschgröße fertigen, können sie auch in Kombination mit Photovoltaik montiert werden“, so der Firmengründer. „Dank des Kühleffekts der Pflanzen kann sogar der Stromertrag gesteigert werden.“ Die hohe Wasserspeicherkapazität der Module – 50 Liter pro Quadratmeter – entlastet bei Starkregen auch die Kanäle. Zur Begrünung stehen sehr genügsame Sedum- und Hartlaubgewächse zur Auswahl. Sie müssen lediglich ein- bis zweimal pro Jahr gedüngt werden.
Die Idee zu seinem Start-up verdankt Lebranchu seinem Vater, der in Bayern als Dachdecker und Spengler arbeitet. Denn er weiß sehr genau, wie unangenehm es ist, im Sommer auf einem 70 bis 80° C heißen Blechdach zu arbeiten. Begrünte Dächer erreichen dagegen gerade einmal 30° C. Derzeit ist Lebranchu mit zwei Unternehmen im Gespräch, um Pilotprojekte umzusetzen. Verlaufen diese erfolgreich, könnten Unternehmensgründung und Markteintritt noch heuer im Sommer erfolgen.
Partner gesucht. Zielgruppe sind für Plantika vor allem größere Städte, Bauträger und Immobiliengesellschaften. Weiters sucht Lebranchu Kooperationspartnerschaften für Logistik, Montage und Wartung der Begrünungs-Module sowie Venture Capital oder Business Angels zum Aufbau einer Produktionsstätte. Und noch ein Problem hat Lebranchu zu lösen: Die aktuell gültige ÖNORM berücksichtigt derzeit nur erdbasierte Dachbegrünungen und sieht daher größere Schichtdicken vor, als die Plantika-Module aufweisen. Der Firmengründer ist bereits mit Austrian Standards (vormals Österreichisches Normungsinstitut) im Gespräch.