KEM-Managerin des Jahres. Sie fährt gerne Rad, setzt sich für die Biodiversität ein, arbeitet unermüdlich an der Bewusstseinsbildung und brachte ein erfolgreiches E-Carsharing auf den Weg. Ende 2020 gewann Daniela Schelch, Managerin der KEM Karnische Energie, die Ausschreibung zur KEM Tourismus. Nun möchte sie die Region Nassfeld-Pressegger See/Lesachtal/Weissensee zur nachhaltigsten Tourimusdestination Österreichs machen.
Seit November 2017 arbeitet die gebürtige Steirerin für mehr Klimaschutz in der KEM Karnische Energie. Sie bringt Einheimischen und Gästen die nachhaltige Mobilität und Kindern die wunderbare Natur in den Kärntner Wäldern nahe. In den vergangenen Jahren gelang es ihr, zahlreiche Klimaschutz-Netzwerke aufzubauen. Am 29. Juni wurde sie in Velden von ihren KollegInnen aus ganz Österreich zur KEM-Managerin des Jahres gewählt. „Herzliche Gratulation und viel Energie für deine weitere Arbeit“, wünschen Klimafonds-Geschäftsführer Ingmar Höbarth und KEM-Programmleiter Christoph Wolfsegger.
KEM-Newsletter: Wie fühlt es sich an, zur KEM-Managerin des Jahres gewählt worden zu sein?
Daniela Schelch: Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung, denn die KEM-Community ist für uns alle ein wichtiges und starkes Netzwerk. Es gibt viel Energie und Mut – und wir brauchen Mut und Durchhaltevermögen für unsere Projekte. Da gibt es große Persönlichkeiten in der Runde, die schon viel erreicht haben und große Vorbilder sind. Jede und jeder Einzelne leistet mit Ideen und viel persönlichem Engagement einen großen Beitrag zum Klimaschutz. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein. Mein Motto lautet: „Gemeinsam erreichen wir mehr als alleine!“ Kooperationen und Netzwerke zu gründen ist der Schlüssel aus der Klimakrise und in eine lebenswerte Zukunft. Die KEM-ManagerInnen sehe ich hier als wichtige Drehscheibe in den Kommunen und als regionale und überregionale NetzwerkerInnen.
Was sind die größten Herausforderungen bei Ihrer Arbeit?
Am Anfang steht die Vision als ein lebendiges und positives Bild der Region für die Zukunft. Die größte Herausforderung ist, alle StakeholderInnen an einen Tisch zu bekommen. Denn nur mit starken PartnerInnen und guter politischer Verankerung des Themas in der Region kann langfristig eine erfolgreiche Umsetzung der zahlreichen KEM-Maßnahmen garantiert werden. Im Bereich nachhaltiger Tourismus gilt der inklusive Ansatz, die Lebensqualität der Einheimischen zu sichern. Alle Maßnahmen dienen primär den Menschen in den Tälern und sichern deren Existenz. Die Zufriedenheit der Bevölkerung hebt die Willkommens- und Begegnungskultur im Dialog mit den Gästen. Dies zu erkennen und in den einzelnen Maßnahmen zu verankern, war ein wichtiger Prozess.
Sie haben mit der Region Nassfeld-Pressegger See/Lesachtal/Weissensee vor einem halben Jahr die Ausschreibung zur KEM Tourismus gewonnen. Welche Aktivitäten haben Sie geplant?
Die Ziele für die Region liegen eindeutig bei der Einsparung der Treibhausgase im Bereich Lebensmittel und Konsum. Dabei denken wir ganzheitlich: von der Produktion bis zur Abfallvermeidung. Es werden Aktionen zu Energieeffizienz, Green Finance und erneuerbaren Energiegemeinschaften gesetzt und Betriebe durch Beratungen zum Österreichischen Umweltzeichen beziehungsweise Ecolabel motiviert. Eine Mobilitätszentrale, Mikro-ÖV und E-Carsharing sollen die Mobilität vor Ort umweltfreundlicher und effizienter gestalten.
Im Haus der Nachhaltigkeit als „One-Stop-Shop“ wird das Wissen der Region und der „Welt des guten Lebens“ an einem Ort gebündelt und den Menschen einfach zugänglich gemacht. Wir bieten Wissensvermittlung und ein Buddy-System mit ausgebildeten NaturbotschafterInnen und möchten eine GreenCard etablieren. Dabei handelt es sich um einen Sammelpass, der mit nachhaltigen Aktivitäten gefüllt werden kann. Für eine volle GreenCard gibt es verschiedene Vergünstigungen.
Wie reagiert die Tourismuswirtschaft? Haben die Betriebe Klimaschutz und Nachhaltigkeit bereits verinnerlicht oder ist das ein schwieriger Überzeugungsprozess?
Nachhaltiger Tourismus hat in unserer Region eine lange Tradition. Sie ist seit Jahren in vielen Bereichen Vorreiter und zeigt dies mit zahlreichen Best-Practice-Beispielen auf: der Weissensee als Naturpark und Alpine-Pearls-Destination, das Lesachtal als „Landschaft des Jahres in den Alpen“, 100 Prozent erneuerbare Energie bei den Bergbahnen, die weltweit erste „Slow Food Travel“-Region oder auch die Bergsteigerdörfer.
Die NLW Tourismus- und Marketing GmbH (Nassfeld-Weissensee-Lesachtal) hat nun gemeinsam mit der KEM alle Stärken und Potenziale erhoben und möchte diese Vorreiterrolle ausbauen und weiterentwickeln. Derzeit wird an einer Markenintegration des Themas Nachhaltigkeit gearbeitet und ein Tourismus-Monitoring-System entwickelt. Dieses baut auf den SDGs [Sustainable Development Goals, nachhaltige Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, Anm.] und GSTC-Indikatoren [Global Sustainable Tourism Council, Anm.] auf, um konkrete Daten zu Mobilitätsverhalten und Ressourcenverbrauch zu sammeln. Bei der GSTC-Zertifizierung arbeiten wir als weltweit erste Region auch grenzüberschreitend.
Wie kann es gelingen, TouristInnen zu einer klimafreundlichen Anreise zu bewegen?
Durch die Bündelung aller bereits bestehenden Mobilitätsangebote der Region auf einer Mobilitätsplattform und durch die Einführung eines bedarfsorientierten Rufbus-Systems soll die klimafreundliche Anreise forciert werden. Gemeinsam mit Micro-ÖV-Angeboten und Carsharing sind die Gäste auch ohne Auto vor Ort mobil und können zahlreiche Freizeitangebote problemlos erreichen. Mit dem öffentlichen Verkehr anzureisen wird möglich und komfortabel.
Kötschach-Mauthen erzielte im Vorjahr bei „Kärnten radelt“ den ersten Platz. Sind die Menschen hier sportlicher als im Rest des Bundeslandes oder ist die Radverkehrsinfrastruktur besser?
Das dritte Jahr in Folge organisiert die KEM gemeinsam mit Partnern „Ein Tal fährt Rad“. Die Aktion soll den Radweg R3 beleben und die Menschen zum Radfahren motivieren. Heuer wird musiziert, gesungen und geradelt. Mit dem gut funktionierenden Radtransfer-System des Mobilbüros Hermagor werden die RadlerInnen zu den Treffpunkten geshuttelt. Vergangenes Jahr konnten wir so viele TeilnehmerInnen motivieren, bei „Kärnten radelt“ mitzumachen, dass die Gemeinde Kötschach-Mauthen den Preis für die meisten
geradelten Kilometer erhielt. Dieses Jahr nehmen alle Gemeinden der KEM bei der Aktion „Mit dem Rad auf Einkaufsfahrt“ von „Kärnten radelt“ teil. In den Gemeinden Hermagor-Presseggersee und Kötschach-Mauthen werden Mobilitätsberatungen mit Schwerpunkt Rad- und Fußverkehr durchgeführt, um die aktive Mobilität zu stärken und Bewusstsein zu schaffen.
Sie haben intensiv am Aufbau des E-Carsharing namens FReD mitgewirkt. Inzwischen werden elf Fahrzeuge geteilt. Dient das E-Carsharing eher als Alternative zum Zweitauto oder ermöglicht es den TeilnehmerInnen, ganz auf ein eigenes Auto zu verzichten?
Die E-Carsharing-Plattform FReD hat sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre etabliert. Anfänglich hatte FReD Standorte bei den Gemeinden und war nur für die Bevölkerung buchbar. Nun werden auch Standorte im touristischen Bereich und Genusstouren „Genuss trifft E-Mobilität“ entwickelt. Parallel dazu wird Ladeinfrastruktur bei touristischer Infrastruktur geschaffen – auch grenzüberschreitend mit Partnern in Italien. Bei den Einheimischen soll FReD das Zweitauto ersetzen – und das E-Carsharing kommt bei den Jungen besonders gut an.
Sie haben heuer einen Upcycling-Wettbewerb gestartet. Was waren bzw. sind die besten Ideen gegen die Wegwerf-Mentalität?
Der Upcycling-Wettbewerb wird vom Verein energie:autark Kötschach-Mauthen gehostet und soll einen bewusstseinsbildenden Prozess anstoßen. BürgerInnen, Unternehmen, Schulen und Vereine werden in die AkteurInnenrolle geholt, um zu zeigen: Ich kann etwas tun und ich habe sinnvolle, kreative Ideen, die zum Nachdenken anregen. Bewusstsein und Bildung sind keine leeren Worthülsen, deshalb bedarf es Aktionismus und greifbarer (Kunst)-Objekte, die dies sichtbar machen. Unter dem Titel „AbfallArt“ werden in Zukunft „Selfie Points“ mit verschiedenen Upcycling-Kunstwerken gestaltet. Die Einreichungen waren sehr kreativ, darunter befanden sich beispielsweise eine Dynamo-Leuchte, eine Ölfass-Couch und ein Kofferschlittensessel.
Welche Pläne verfolgen Sie in der KEM Karnische Energie und in der KEM Tourismus?
In erster Linie heißt es jetzt die Ärmel hochkrempeln und die KEM Tourismus erfolgreich auf dem Weg der nachhaltigsten Tourismusregion Österreichs begleiten. Ich stütze mich dabei auf ein breites Netzwerk in den einzelnen Lebensräumen unserer Region. Das ist eine große gemeinsame Leistung des gesamten Projektteams und setzt ein Zeichen für gute Zusammenarbeit mit Umsetzungskraft.
Ganz persönlich freue ich mich sehr auf die Projekte und Treffen mit den „Energiegeladenen Frauen“, einem frisch gegründeten Verein, entstanden aus den KEM- und KLAR-Netzwerken in Kärnten. Engagierte Menschen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen beschäftigen sich mit der Zukunftsentwicklung im umwelt- und energiepolitischen Bereich. Eine tolle Plattform für familien- und umweltfreundliches Networking wächst heran.
Was können Sie den vielen neuen KEM-ManagerInnen mit auf den Weg geben?
Ihr seid nicht allein. Am Anfang scheint es unzählige Tätigkeitsbereiche zu geben. Wir stehen vor einer Vielzahl an Herausforderungen, Maßnahmen, Fördermöglichkeiten und Ausschreibungen. Dann kommen noch Öffentlichkeitsarbeit, Workshops und Schulprojekte hinzu. Zumindest mir ist es so ergangen. Bei den Fachveranstaltungen gibt es immer viel Zeit für Austausch und Vernetzung. Das hilft – und schneller als man denkt, ist man mitten drin. Wir stehen euch gerne mit Rat und Tat zur Seite.