Wirtschaftsfaktor KEM, Teil 3. Vor gut einem Jahr startete die Klima- und Energie-Modellregion Lainsitztal gemeinsam mit dem Land Niederösterreich ein Pilotprojekt. Dabei wird drei Jahre lang ein Raus-aus-dem-Öl-Sorglos-Paket getestet, das im Erfolgsfall auf das ganze Bundesland ausgedehnt werden soll. Seit Mai 2019 wurden bereits 41 Ölheizungen durch Pelletsanlagen und Wärmepumpen ersetzt.
Das Sorglos-Paket, das Martin Bruckner, Bürgermeister von Großschönau, und KEM-Managerin Verena Litschauer gemeinsam mit der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich (eNu) geschnürt haben, kann sich sehen lassen. Zwei eigens für das Projekt geschulte Energieberater besuchen als Erneuerbare-Wärme-Coaches HauseigentümerInnen, die bei der KEM oder ihrer Gemeinde Interesse an einem Heizungstausch bekundet haben. Die Coaches erklären die Aktion, loten die örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten aus und liefern eine erste Abschätzung von Investitionskosten und Einsparungen.
All inclusive. In einem zweiten Schritt – sobald die Entscheidung für die Heizungsumstellung gefallen ist – unterstützen die Coaches die HauseigentümerInnen beim Einholen und Vergleichen entsprechender Angebote. Bei Bedarf organisieren sie auch eine Bankfinanzierung oder eine Contractinglösung. Ist die Entscheidung für ein bestimmtes Angebot gefallen, übernimmt das jeweilige Installationsunternehmen die Regie. Zehn Betriebe – „alles regionale Installateure mit gutem Ruf“, so Bruckner – nehmen an dem Projekt teil. Sie errichten nicht nur die neue Heizanlage, sondern entsorgen auch die alte und helfen bei der Fördereinreichung.
Einer dieser Installateure ist Josef Hahn aus Langschlag. Er beschäftigt acht MitarbeiterInnen und konnte im Rahmen des Raus-aus-dem-Öl-Sorglos-Pakets bereits fünf Ölheizungen der Entsorgung zuführen. Sie wurden durch vier Pelletsanlagen und eine Erdreich-Wärmepumpe ersetzt. „Ich finde es toll, dass es die Aktion des Landes mit der KEM Lainsitztal gibt“, meint Hahn. Diese zusätzlichen Aufträge machten bisher immerhin etwa acht bis zehn Prozent seines Umsatzes aus.
„Pro Kesseltausch rechnen wir mit etwa 40 Mannstunden, je nach den örtlichen Gegebenheit etwas mehr oder weniger“, sagt Hahn. Seit dem Vorjahr hat sein Unternehmen keine einzige Ölheizung mehr installiert. „Das Bewusstsein unserer Bevölkerung ist deutlich gestiegen. Vor drei, vier Jahren haben sich noch einige Kunden von der Förderung für Ölheizungen blenden lassen, obwohl wir ihnen schon damals davon abgeraten haben“, so Hahn.
Hohe Förderung. Einen zusätzlichen Anreiz setzt das Sorglos-Paket auch durch Aufstockung der Bundesförderung in der Höhe von 5.000 Euro durch zusätzliche 3.000 Euro an Landesmitteln. „Gleichzeitig übernimmt Niederösterreich eine Garantie für den Fall, dass die Bundesmittel zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits ausgeschöpft sind“, erklärt Litschauer. Noch bis Oktober 2020 gibt es die vollen 8.000 Euro Förderung (maximal 50 Prozent der Anlagekosten), danach sinkt die garantierte Förderung um 1.000 Euro pro Jahr. Als Draufgabe bekommt man zur neuen Heizung vier Tonnen Pellets gratis oder im Fall von Wärmepumpen 6.000 Bonuspunkte bei Strombezug durch die EVN. Im Mai 2022 läuft das Sorglos-Paket aus.
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, durch das Projekt innerhalb von drei Jahren ein gutes Drittel aller noch bestehenden Öl- und Flüssiggasheizungen in der KEM umzurüsten“, sagt Litschauer. „Das wären 100 Anlagen.“ 41 fossile Heizungen wurden bereits ersetzt, großteils durch Pelletsanlagen.
Regionale Wertschöpfung. Davon profitieren nicht nur die Installationsbetriebe. „Bei einigen Anlagen waren auch Kaminsanierungen und Rauchfangkehrer-Befunde erforderlich. Natürlich werden auch ein regionaler Pelletshersteller und damit regionale Forstwirtschaftsbetriebe profitieren“, beschreibt Bruckner die positiven Effekte für die regionale Wirtschaft. Die neuen Heizungen stammen allesamt von österreichischen Herstellern. Somit verbleibt ein hoher Anteil der Investitionen – bislang insgesamt etwa 700.000 Euro – in der Region und beinahe der gesamte Betrag in Österreich.
Auch die Ausgaben für den Brennstoff Pellets werden wohl zum Großteil in Österreich bleiben. „Zwar verarbeitet Österreichs Sägeindustrie rund ein Drittel importiertes Holz, der größte Teil der Wertschöpfung liegt jedoch in der Verarbeitung, nicht im Rohstoff. Außerdem produziert Österreich wesentlich mehr Pellets, als es selbst verbraucht“, erläutert proPellets-Geschäftsführer Christian Rakos. „Übrigens: Auch mehr als zwei Drittel der in Österreich hergestellten Pelletskessel werden exportiert.“
Zehnmal mehr Arbeit. Dass das Heizen mit Biomasse weit mehr heimische Arbeitsplätze schafft und sichert als das Heizen mit Öl, belegt unter anderem eine Studie der Österreichischen Energieagentur im Auftrag des Klima- und Energiefonds aus dem Jahr 2015. Diese errechnete pro Terajoule (TJ) und Jahr einen Beschäftigungseffekt von 21 Arbeitskräftestunden beim Heizen mit Öl. Wächst der Rohstoff für die Pelletsheizung in der eigenen Region, kommt die Studie dagegen auf 217 Stunden. Dabei ist der arbeitsplatzsichernde Beitrag der Pelletierung noch nicht eingerechnet.
„Der Betrieb einer modernen Biomasseheizung schafft zehnmal mehr Arbeit in Österreich als das klimaschädliche Heizen mit Öl“, fasst Klimafonds-Geschäftsführer Ingmar Höbarth zusammen. „‚Raus aus dem Öl‘ heißt nicht nur in die Zukunft künftiger Generationen zu investieren, sondern ist auch ein echter Konjunkturmotor. Gerade jetzt ist jeder zusätzliche Arbeitsplatz Gold wert.“
Website der KEM Lainsitztal