KEM-Manager im Porträt. Er hat viel von der Welt gesehen und auch, wie sich der Klimawandel in Westafrika und in zentralasiatischen Bergdörfern auswirkt. Vor fünf Jahren zog es Alois Schläffer zurück nach Österreich. In der KEM Nachhaltiges Saalachtal möchte er nun den Tourismus und das Energiesystem auf neue Beine stellen.
Die Tourismusbranche hat es im vergangenen Jahr schwer getroffen. Doch die coronabedingten Schließungen von Hotels und Pensionen schufen auch Raum zur Reflexion und für Zukunftspläne. „Wir nutzten diese Zeit für mehrere Workshops mit den Tourismusverbänden, um nachhaltige Konzepte zu entwickeln“, sagt Schläffer. So soll den Gästen beispielsweise die autofreie Anreise schmackhaft gemacht werden. Angesichts von mehr als zwei Millionen Nächtigungen allein in Saalbach-Hinterglemm bietet diese Option einen gewaltigen Hebel für den Klimaschutz.
Rad und Bus. „Wir haben sehr viele attraktive Mountainbike-Strecken in der Region. Daher möchten wir nun eine Fahrrad-Mitnahme in den Linienbussen ermöglichen“, so Schläffer. „Wir hoffen, dass dadurch das eine oder andere Auto in der Garage bleibt. Wir hätten gerne auch einige Verbesserungen im Radroutennetz, doch da kämpfen wir noch um die Finanzierung.“
Als Vorbild – für Gemeinden und als künftiges Mobilitätsangebot für TouristInnen – dient auch das im Jahr 2017 eingerichtete E-Carsharing in Weißbach. Das Elektroauto wird intensiv von den MitarbeiterInnen der Gemeinde, der LEADER-Region und des Naturparks Weißbach genutzt – und jetzt, da diese weniger Außentermine haben – verstärkt von der Bevölkerung. Auch Schläffer nutzt das Fahrzeug. Seinen Arbeitsweg von Taxenbach nach Weißbach legt er jedoch meist mit Fahrrad, Bahn und Bus zurück.
Sonnenstrom. Weiters soll der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Der Tourismusverband Saalbach-Hinterglemm möchte mit gutem Beispiel vorangehen und eine Photovoltaikanlage auf seinem Bürogebäude errichten. Aktuell plant auch die Stadtgemeinde Saalfelden auf dem Dach des Feuerwehrgebäudes eine Photovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von 85 kWp. Im Rahmen des aus dem KEM-Investitionsprogramm unterstützten Projekts wird auch ein Speicher mit Notstromversorgung installiert.
In Weißbach werden die Dächer von Feuerwehr und Volksschule mit Photovoltaik eingedeckt. „Mit dieser zweiteiligen 45kWp-Anlage werden die öffentlichen Gebäude und kommunalen Betriebe bilanziell selbstversorgend“, freut sich Schläffer. In Viehhofen wurden 85 Leuchtpunkte der Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet, in Dienten 20.
Datenbasis und Strategien. Die KEM Nachhaltiges Saalachtal beteiligt sich gemeinsam mit den KEMs Oberpinzgau energiereich und Zell am See-Kaprun am Leitprojekt „100% erneuerbarer Pinzgau“ unter der Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT). Darin sollen eine fundierte Datengrundlage geschaffen und daraus gemeinsame, konkrete Maßnahmen abgeleitet werden. Der Pinzgau verfügt einerseits zwar über hohe Wasserkraft-Kapazitäten, weist aber auch einen hohen Stromverbrauch und hohe Lastspitzen im Tourismussektor auf. In der Wärmeversorgung und der Mobilität dominieren nach wie vor fossile Energieträger. „Das Leitprojekt wirkt als Katalysator für die Gemeinden und die Bevölkerung“, meint Schläffer. „Auch die Gründung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften wird in mehreren Gemeinden wohlwollend diskutiert.“
Breit angelegt ist auch das Projekt „Pinzgau regional“ zur Steigerung der Wertschöpfung durch die Vermarktung regionaler Lebensmittel: Mit dabei sind unter anderen die Bezirksbäuerin Claudia Entleitner, die Landwirtschafts- und die Wirtschaftskammer Salzburg, die regionalen LEADER-Regionen, mehrere Schulen und die FH Salzburg. Demnächst stellen FH-StudentInnen einen Fragebogen online. Erhoben werden sollen die Verfügbarkeit regionaler Produkte und die Wünsche der KonsumentInnen. Im Raum steht eine Ausweitung von Selbstbedienungshütten, die laut Schläffer von der Bevölkerung sehr gut angenommen werden.
Jugendarbeit. Sehr wichtig ist Schläffer auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – auch wenn diese durch Covid-19 derzeit stark eingeschränkt ist. So musste das aktuelle Klimaschulenprojekt um ein Jahr verlängert werden. Doch auch wenn Workshops und Exkursionen nicht stattfinden können, werden doch Kartoffeln und Kräuter in den Schulgärten gepflanzt und Blühstreifen angelegt.
Alois Schläffer studierte Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck sowie Spanisch, Französisch und später auch Russisch. Aktuell schreibt er an der University of London seine Masterarbeit, in der er sich mit der Kluft zwischen Bewusstsein und Handeln im Klimaschutz auseinandersetzt.
Entwicklungszusammenarbeit. Bevor er im September 2019 KEM-Manager wurde, war er sieben Jahre lang in der internationalen Zusammenarbeit tätig, zunächst in Westafrika, später in Kirgisistan und Tadschikistan. „Die Landwirtschaft in den zentralasiatischen Bergdörfern ist stark von Bewässerung abhängig. Doch die Gletscher schmelzen ab und Extremwetterereignisse nehmen zu. Wenn die Entwicklung ungebremst so weitergeht, werden viele Menschen abwandern müssen, denn sie haben kaum Möglichkeiten zur Klimawandelanpassung“, erinnert sich Schläffer.
So zog es ihn zurück nach Salzburg, um hier „unsere Hausaufgaben“ zu erledigen. Wenn er nicht gerade an der Sanierung eines Nebengebäudes am elterlichen Bauernhof aus dem 15. Jahrhundert arbeitet, zieht es Schläffer in die Berge, im Winter vor allem mit dem Split- oder Snowboard. Oder er schmökert in einem guten Buch – am liebsten in der Hängematte.