greenstarter im Porträt. Die zu große Distanz zur nächsten Bahn- oder Busstation ist ein wichtiger Grund, warum viele lieber das Auto als den öffentlichen Verkehr nutzen. Dagegen helfen Mikro-ÖV-Systeme – und für deren BetreiberInnen bietet nun die Hex GmbH eine maßgeschneiderte Softwarelösung an. Optimierung auf allen Ebenen heißt die magische Formel.
Die Mathematik ist seine Leidenschaft. Dort, wo 99,9 Prozent der Menschen nur noch „Bahnhof“ verstehen, wird es für Philipp Hungerländer erst richtig spannend – besonders, wenn die zu lösenden Probleme aus der Praxis stammen. Hungerländer ist, obwohl erst 35 Jahre alt, Professor an der Universität Klagenfurt und CEO der Hex GmbH. Das im Juli 2017 gegründete Unternehmen widmet sich der Entwicklung innovativer Software für logistische Probleme.
Kilometer sparen. Kunde der Hex GmbH sind die ÖBB, für die Hungerländers Team eine Software entwickelte, die Loks und TriebfahrzeugführerInnen immer dorthin schickt, wo sie gerade gebraucht werden. „Nun testen wir eine Cloud-IT-Lösung für den Betrieb von Mikro-ÖV-Systemen“, erklärt Marissa Florian, Chief Business Development Officer bei Hex. „Oft werden die Fahrten noch mit menschlicher Brainpower geplant. Kommen aber mehrere Fahrzeuge oder auch mehrere Bus- und Taxiunternehmen ins Spiel, wird die optimale Routenplanung des Bedarfsverkehrs kompliziert. Hier liefert unser Algorithmus Optimierung und Informationen in Echtzeit.“
Seit September 2019 dient das Untere Drautal mit seinem Rufbus namens RUDi für Hex als Pilotregion. Bestehende Bus- und Bahnlinien werden von der Software berücksichtigt, schließlich sind RUDi und andere österreichische Mikro-ÖV-Systeme als Ergänzung und nicht als Konkurrenz zum öffentlichen Verkehr ins Leben gerufen worden. Gleichzeitig dient die Software auch der Personalplanung und der Abrechnung von Fahrten. Aktuell entwickelt das Team eine Handy-App zur Buchung von Mikro-ÖV-Fahrten.
Maßgeschneidert. Hex adaptiert die Software für die jeweiligen AnwenderInnen. Denn es gibt Rufbusse, Anrufsammeltaxis, Dorfmobile, Seniorenfahrtendienste oder einen Mix verschiedener Systeme, unterschiedliche Tarifsysteme und Zahlungsmethoden, ehrenamtliche und bezahlte LenkerInnen, aber auch zusätzliche Angebote einzelner Gemeinden – zum Beispiel ein Abholservice für mobilitätseingeschränkte Menschen. Auch mit Elektrofahrzeugen kennt sich der Algorithmus aus und vergisst nicht auf Ladepausen.
Derzeit genießen Florian und Hungerländer die Vernetzung, den Austausch und den „Blick von außen“ im Rahmen des Klimafonds-Start-up-Wettbewerbs greenstart. „Die Klima- und Energie-Modellregionen sind eine wichtige Zielgruppe für uns. Wir hoffen auf einen offenen Austausch“, sagt Florian. „Die Software lässt sich per Videokonferenz sowohl in der Administrator- als auch in der Kundenansicht vorstellen. Umgekehrt sind wir sehr an den unterschiedlichen regionalen Bedürfnissen und Herangehensweisen an den Mikro-ÖV interessiert.“
Gründung. Hungerländer plant, für die Mikro-ÖV-Software ein eigenes Start-up zu gründen. „hex.drive“ lautet der Arbeitstitel. Neben Software und Support bietet Hex auch die Mitentwicklung regionaler Mobilitätskonzepte an. In den nächsten Jahren soll nicht nur im heimischen Mikro-ÖV gehext werden, sondern auch im benachbarten Ausland, vor allem in Südtirol und Bayern. „Technisch möglich wäre es auch, gemeinsame Tickets für Verkehrsmittel in- und außerhalb der jeweiligen Verkehrsverbünde anzubieten und abzuwickeln oder benachbarte Mikro-ÖV-Systeme miteinander zu verknüpfen“, so Florian. „Dazu bräuchte es allerdings zuerst politische Entscheidungen.“