KEM-Managerin im Porträt. Sie hat ihre Heimatregion kräftig umgeackert. Aber nur symbolisch, denn der Pflug soll ins Museum. Margit Krobath ist Gründungsmitglied der Ökoregion Kaindorf und Managerin der gleichnamigen Klima- und Energie-Modellregion (KEM). Gemeinsam mit ihrem Team und 120 Ehrenamtlichen hat sie in den vergangenen elf Jahren mehr als 300 nachhaltige Projekte erfolgreich umgesetzt.
Man dürfe nicht darauf warten, bis die Politik reagiere, sondern müsse selbst für Veränderungen sorgen, sagte der Nachbar. Das gefiel Margit Krobath. Wenig später gründete dieser Nachbar, Rainer Dunst, mit ihr und rund weiteren 100 Klimaschutzbegeisterten den Verein Ökoregion Kaindorf. Was 2007 als zartes Pflänzlein begann, erregt inzwischen europaweites Aufsehen. Denn die Ökoregion widmete sich von Anfang an dem vielfältigen Leben unter den Kürbissen und dem Kukuruz. Humusaufbau nennt sich das Zauberwort, das LandwirtInnen und AgrarexpertInnen von nah und fern in die Ökoregion lockt. Schließlich geht es um gesunde Böden, gute Erträge, gesunde Lebensmittel sowie um den Schutz des Grundwassers und des Klimas.
Lebendige Böden. Weltweit wird auf landwirtschaftlich genutzten Böden eine Abnahme der fruchtbaren Humusschicht beobachtet. Mit dem Humus verschwinden die nützlichen Bodenlebewesen, der Ertrag sinkt und der Dünger kann nicht mehr so gut aufgenommen werden, sondern wird rasch ins Grundwasser ausgeschwemmt. Humus ist außerdem ein wichtiger Speicher für das Treibhausgas CO2.
Schwer beeinträchtigt wird die Humusschicht auch durch das Pflügen der Felder. Dabei wird der Lebensraum der Mikroorganismen und Regenwürmer auf den Kopf gestellt. „Humus kann innerhalb weniger Jahre zerstört werden, doch ihn wieder aufzubauen, kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen“, erklärt Krobath. Trotzdem schließen sich immer mehr LandwirtInnen dem Humusaufbauprogramm der Ökoregion Kaindorf an.
Kompost statt Industriedünger lautet das Motto, dem inzwischen rund 200 landwirtschaftliche Betriebe aus ganz Österreich mit zusammen etwa 2.000 Hektar folgen. Reges Interesse am Humusaufbau-Projekt und dem damit verbundenen Zertifikate-Handel kommt auch von ausländischen Nachbarländern. Mit Slowenien und Belgien wird gerade ein gemeinsames transnationales LEADER-Projekt eingereicht.
Kräftiges Wachstum. Beim Humus-Stammtisch werden Erfahrungen ausgetauscht, die jährlichen Humustage vermitteln diese einem wachsenden Publikum. An den bereits zwölften Humustagen im Jänner 2018 nahmen erstmals auch 600 SchülerInnen aus landwirtschaftlichen Fachschulen teil.
Die 2016 gegründete Humus-Akademie hat sich als anerkanntes Kompetenz-Zentrum etabliert – und auch beim jährlichen Pflanzentausch und -verkaufsmarkt wird gefachsimpelt. Ganz oben auf der Themenliste steht die Terra preta, Schwarzerdeböden, erreichbar durch den Einsatz von Pflanzenkohle, samt ihren positiven Effekten für landwirtschaftliche Böden. Die Terra preta wird auf Versuchsfeldern der Ökoregion wissenschaftlich erforscht. Untersucht wurde auch das grundwasserschonende Einschlitzen eines Gülle-Gemisches in den Ackerboden.
Wiese statt Rasen. „Pünktlich zum Start der Gartensaison fungiert die Ökoregion Kaindorf auch als steirische Zweigstelle für das niederösterreichische Programm Natur im Garten“, freut sich Krobath. Natur im Garten Steiermark bietet privaten GartenbesitzerInnen und Gemeinden wertvolle ökologische Informationen zu den jeweiligen Kleinlebensräumen, standortgerechten Pflanzen, gesundem Gemüse und der Förderung von Nützlingen.
Gemeinsam stark. Außergewöhnlich an der Ökoregion Kaindorf ist, wie sehr alle an einem Strang ziehen. Die ehemals sieben und nunmehr drei Gemeinden der KEM (Ebersdorf, Hartl und Kaindorf) stehen ebenso zum Weg in eine nachhaltigere Zukunft wie die Bevölkerung und die regionale Wirtschaft. So sind beispielsweise 120 BürgerInnen ehrenamtlich in neun Arbeitsgruppen aktiv. Die Themen reichen vom Energiesparen bis zum Tourismus, von der Landwirtschaft bis zur Mobilität. „Seit 2011 sind wir eine Fairtrade-Region und plastiksackerlfrei“, freut sich Krobath. Für das erste Green Dinner mit 80 UnternehmerInnen der Region am 22. März 2018 konnte die KEM-Managerin den Präsidenten des Forums Alpbach, Franz Fischler, als Referenten gewinnen.
„Wir haben auch zu den SchulleiterInnen unserer fünf Schulen sehr guten Kontakt und bereits eine Reihe von Projekten umgesetzt, zum Beispiel die ökologische Jausenbox, eine Erweiterung der plastikfreien Ökoregion“, sagt Krobath. Beim Europäischen Mobilitätspreis 2017 gewannen die Kaindorfer Kinder und Jugendlichen den österreichweiten Straßenmalwettbewerb. Außerdem dürfen die Elternun nicht mehr bis vor die Schul- oder Kindergartentüre fahren, sondern müssen an der Elternhaltestelle warten – ein Projekt der Arbeitsgruppe Mobilität. Im vergangenen Herbst pflanzten die Schulen der Region sogenannte Klimabäume.
Extremsport. „Mit dem jährlichen 24-Stunden-Biken wollten wir das Radfahren fördern“, sagt Krobath. Das Rennen zieht inzwischen allerdings immer mehr internationale und nationale ExtremsportlerInnen, jedoch immer weniger regionale HobbyradlerInnen an. Daher wurde die Rennabwicklung im Vorjahr an das greenteam, den Radclub der Ökoregion Kaindorf, übergeben. Die Verpflegung und die Energiespar-, Abfall- und Mobilitätsmaßnahmen werden nach wie vor von der Ökoregion umgesetzt. Gemeinsam wird das Green Event als „Ultraradchallenge Oststeiermark“ weitergeführt.
Um regionale HobbyradfahrerInnen wieder zu motivieren, stellt Margit Krobath ein neues Fahrrad-Projekt namens Geero auf die Beine, das die Familie und den Genuss am Radeln in den Fokus rückt. Am 27. Mai 2018, 9 Uhr, geht's los. Im Startgeld ist der Besuch der Therme Bad Waltersdorf inkludiert.
Auf fünf öffentlichen Gebäuden der KEM wird mit einer Leistung von 140 Kilowattpeak Sonnenstrom produziert. Bereits 2013 konnten über 200 Elektroroller an Mitglieder der Ökoregion verkauft werden. Der Verein selbst hat zwei Elektroautos angeschafft. Mit drei E-Schnellladestationen, je Gemeinde eine, einer Tesla-Station und 20 Schuko- Stromtankstellen ist das E-Ladenetz der Region gut gerüstet für die E-Mobiliätszukunft. Im Green Shop, dessen Obfrau Margit Krobath ist, wird seit 2016 mit Secondhandware erfolgreich gegen Ressourcenverschwendung und Abfallberge gekämpft.
Gartenleidenschaft. Nach ihren Hobbys befragt, antwortet die KEM-Managerin: „Ich arbeite sehr gern, denn mein Beruf ist spannend und sehr abwechslungsreich. Ich lerne nie aus.“ Ein bisschen Zeit für die Familie und ihre beiden 19-jährigen Söhne muss dann aber doch bleiben. Außer die Mama ist gerade im Garten bei ihren winterharten Palmen oder im Gemüsegarten.