Wo der Holzweg goldrichtig ist

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KEM-Manager im Porträt. Er ist Forstwirt und mit der Region stark verwurzelt. Am 1. März 2017 wurde Erich Fritz Manager der Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Holzwelt Murau. Mit voller Kraft widmet er sich der Umsetzung der 2003 erstmals formulierten Murauer Energievision. Er möchte die Wirtschaft der Region mit erneuerbarer Energie beleben und das Bewusstsein für den Klimaschutz weiter schärfen und hat dabei tatkräftige Verbündete.

Wer Visionen hat, sollte nicht zum Arzt gehen, sondern sie Realität werden lassen – besonders dann, wenn man schon seit 14 Jahren Visionen hat und diese Früchte getragen haben. Bis 2020 möchte die Region nicht nur beim Strom, sondern auch im Wärmebereich energieautark werden. Die Nutzung erneuerbarer Energieträger soll zusätzliche regionale Wertschöpfung schaffen und Murau ein überregionaler „Energie-Leuchtturm“ werden. Oder mit den Worten von Erich Fritz, dem neuen KEM-Manager der Klima- und Energie-Modellregion Holzwelt Murau: „Wir möchten ein Alpbach für den Bereich der erneuerbaren Energien werden.“

Kernthema Holz. Die Chancen, diese Ziele zu erreichen, stehen gut, denn Fritz ist nicht als Einzelkämpfer unterwegs, sondern treibt die Energiewende mit einer Reihe von Verbündeten voran. Da wäre einmal die LAG Holzwelt Murau, die von den 14 Gemeinden des Bezirks getragen wird. Sie widmet sich mit ihren „HolzweltbotschafterInnen“ vor allem der Bewusstseinsbildung, organisiert Holzwelttouren, betreibt ein Holzmuseum und tritt als Veranstalter auf. Daneben wurde heuer im März das Murauer EnergieZentrum gegründet.

„Durch die Zusammenarbeit von acht Firmen im Murauer EnergieZentrum können wir in der Region nun Projekte umsetzen, die für einzelne Unternehmen zu groß wären“, sagt Fritz. Das Murauer EnergieZentrum widmet sich der Errichtung und dem Betrieb von Wasser- und Heizkraftwerken, wickelt Bürgerbeteiligungsprojekte ab und berät Gemeinden sowie Unternehmen bei der Optimierung ihres Energieverbrauchs.

Bier aus Nahwärme. Echte Energie-Leuchttürme können in der Holzwelt schon jetzt besichtigt werden: vor allem das Nahwärme-Heizwerk Murau, das über eine technisch aufwendige Steigleitung das knapp 500 Meter höher gelegene Landeskrankenhaus Stolzalpe mit Wärme aus Biomasse versorgt, und die Murauer Brauerei, die durch Umstellung des Brauprozesses von Dampf auf Heißwasser ihren Ölkessel gegen eine Nahwärmeversorgung eintauschte und nun CO2-neutral produziert.

„Wir produzieren in der KEM mehr als doppelt so viel erneuerbaren Strom, wie wir verbrauchen“, erklärt Fritz. „Sollte es einmal zu einem größeren Blackout kommen, kann die Stadt Murau jetzt schon im Inselbetrieb weiter mit Strom versorgt werden.“ Ziel ist es, ein inselbetriebsfähiges Netz für den gesamten Bezirk aufzubauen. Möglich machen das 57 Wasserkraftwerke, 14 Windkraftanlagen und über 600 Photovoltaikanlagen.

Eigene Strommarke. Nachdem für eine Reihe von Wasserkraftwerken der Ökostromtarif ausläuft, wird dieser Strom aus der Region künftig unter einer eigenen Marke vertrieben. „Dazu bilden die Stadtwerke Murau derzeit gemeinsam mit zahlreichen Kraftwerksbetreibern eine Bilanzgruppe“, so Fritz. „Dadurch wird der Murauer Naturstrom aus den zahlreichen Kleinkraftwerken der Bevölkerung vor Ort, aber auch an KundInnen aus anderen Regionen zugänglich gemacht.“

 

Im Wärmebereich versorgt sich die Holzwelt Murau bereits zu 75 Prozent selbst. Über 50 Biomasseheizwerke, davon vier mit Kraft-Wärme-Kopplung, liefern Heizenergie. „Unser Ziel lautet: Völliger Ausstieg aus fossilen Brennstoffen“, sagt Fritz. „Allerdings kann man natürlich niemanden zum Heizungswechsel zwingen. Eine besondere Herausforderung stellen manche Wohngebäude von Genossenschaften und Gemeinden dar. Hier wird oft noch mit Nachtstrom geheizt. Mangels Kaminen und Verrohrung käme hier eine Heizungsumstellung einer Generalsanierung gleich. Wir haben aber auch dafür schon geeignete Lösungsansätze und werden diese den Objekteigentümern schmackhaft machen.“

Energiebausteine. Gesucht werden auch Objekte zur Errichtung weiterer Photovoltaikanlagen und BürgerInnen mit Interesse an der Beteiligung in Form einer Genossenschaft. „Wir haben im Rahmen des KEM-Investprogramms des Klima- und Energiefonds bislang PV-Anlagen mit 100 Kilowattpeak errichtet, heuer sollen drei- bis viermal so viele Anlagen entstehen.“

Auch auf die Kinder- und Jugendarbeit legt man in der Holzwelt Murau großen Wert. Neben einem Klimaschulenprojekt, an dem sich 225 SchülerInnen aus fünf Schulen beteiligten, startete 2015 erstmals das Energiecamp, das heuer unter dem Motto „Energie Mobil“ stand und bereits zum dritten Mal durchgeführt wurde. „Das Energiecamp findet vor allem bei Studierenden großen Anklang, richtet sich aber natürlich auch an das Fachpublikum aus Wirtschaft und Politik“, erläutert Fritz.

Holz- und Energietourismus. Viele Jugendliche zieht es mit dem Snowboard auf den Kreischberg. Für sie und andere Gäste – die Region verbucht rund eine Million Nächtigungen pro Jahr –  wird die KEM ein maßgeschneidertes E-Carsharing-System aufbauen. Schon heute können die HolzweltbotschafterInnen TouristInnen und Einheimische zu über 90 verschiedenen Stationen führen. Für Gruppen werden individuelle Touren zusammengestellt. Sie führen durch den Wald über alte Holzbrücken zu noch älteren Holzhäusern, zu kunstvollen Holzdecken und Schnitzereien in den Kirchen der Region oder gewähren Einblick in holzverarbeitende Betriebe sowie Heiz- und Wasserkraftwerke.

Erich Fritz absolvierte eine fundierte landwirtschaftliche Ausbildung an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein und studierte im Anschluss Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität in Graz. Seit 2012 setzt er für die Holzwelt Murau Bezirksleitprojekte um und war bereits in der ersten KEM-Phase maßgeblich an der Realisierung einer Reihe von KEM-Projekten beteiligt.

Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner  Partnerin und den vier Kindern im eigenen Wald, um dort für die Arbeit Inspiration und Kraft zu schöpfen. Dabei entdeckt er nicht nur Rehe oder Spechte, sondern auch Gemeinsamkeiten zwischen der Arbeit im Wald und jener in der KEM: „Wenn ich heute einen Baum fälle, dann hat ihn mein Vater oder Großvater gepflanzt, wenn ich einen pflanze, werden ihn meine Kinder oder Enkel ernten. Es geht hier wie da um generationenübergreifendes Denken. Wir müssen den jungen Leuten vor Ort neue, gute Jobchancen eröffnen – und die erneuerbaren Energien sind ein entscheidender Faktor dabei.“