Zurück zu den Wurzeln, auf in die Zukunft!

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KEM-Managerin im Porträt. Sie bringt den Pfarrer zum E-Bike fahren, kämpft gegen Ölheizungen und hat Ihre Klima- und Energie-Modellregion Naturpark Pöllauer Tal gewissermaßen in der Tasche. Victoria Allmer kehrte für den Job als KEM-Managerin heim nach Pöllau und startet nun in die zweite Weiterführungsphase. Sie treibt auch im Rahmen der gleichnamigen Klimawandelanpassungsmodellregion zukunftsweisende Projekte voran.

Für ihr Engagement im Bereich der sanften Mobilität wurde sie im Vorjahr im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche ausgezeichnet. Doch fragt man Victoria Allmer nach ihrem Lieblingsprojekt, nennt sie die Stofftasche mit dem Aufdruck „Plastik war gestern“. Denn die Fairtrade-Taschen aus Biobaumwolle transportieren nicht nur Einkäufe, sondern auch eine Menge an Bewusstseinsbildung – und letztlich konnte damit die gesamte Region angesprochen werden.

In der Tasche. Die SchülerInnen der NMS Pöllau lieferten Designideen für die Stofftaschen. Als Sponsoren konnten fünf regionale Unternehmen gewonnen werden. Und das Wichtigste: Die KEM versandte die Taschen an alle 2.467 Haushalte. „Viele Menschen haben mich daraufhin kontaktiert und sich bedankt. Daraus ergaben sich dann auch einige Beratungen“, freut sich Allmer. Außerdem erntete sie für das Projekt den zweiten Platz beim CIVITAS-Award.

Mobilität als Chefsache. Wirkung hinterließ auch das E-Bike-Anradeln mit den Bürgermeistern, Tourismusverantwortlichen und dem Pfarrer der beiden KEM-Gemeinden. „In Pöllauberg hat sich ein E-Bike-Händler angesiedelt und wir wollten gemeinsam zeigen, dass unsere Region zwar ziemlich steil zum Radfahren, nicht aber zu steil fürs E-Bike ist“, erklärt Allmer. „Und das sogar nahezu schweißfrei.“ Pfarrer Roger Ibounigg verbreitet nun nicht mehr nur die Botschaft des Herrn, sondern auch jene des Klimaschutzes. Er zeigte sich vom E-Bike so begeistert, dass er es kaufte und damit nun viele Autokilometer einspart.

An sechs Standorten der Region können E-Bikes ausgeliehen werden. Die Gemeinde Pöllauberg zahlt ihren BürgerInnen bei der Anschaffung eines E-Bikes 100 Euro dazu. E-Bikes, aber auch Elektroautos inklusive eines Tesla konnte die Bevölkerung am 12. Oktober im Rahmen der e-via testen. Die KEM-Managerin verwandelte den „Ladestandort“ Pöllau in ein großes Mobilitätsfest für Jung und Alt. Vor den Volksschulen wurden Straßen gesperrt und von den Kindern mit Kreide in blühende Wiesen verwandelt.

Energieschlaumeier. „Kids meet Energy“ hieß es im vergangenen September in der Volksschule Pöllauberg. Bei dem Projekt der Energieagentur Baierl in Zusammenarbeit mit Energie Steiermark wurden Energieeinsparungen in Eiskugeln umgerechnet. Aktuell versuchen gerade die VolksschülerInnen in Pöllau, ihren Energieverbrauch nach unten zu schrauben. Über die Hälfte der eingesparten Energiekosten dürfen die Kinder selbst verfügen. Die Initiative mobil50plus wiederum sorgt dafür, dass auch Menschen ohne eigenes Auto zur Arztpraxis oder zum Einkaufen gebracht werden.

Die zweite Weiterführungsphase ihrer KEM startet Victoria Allmer gleich mit drei Veranstaltungen. Unter dem Motto „Richtig Sanieren – kostengünstig heizen“ führte der Kabarettist Jörg Martin Willnauer durchs Abendprogramm. Nachdem der Klima-Kochworkshop Ende März mehr als ausgebucht war, wird heuer noch ein weiterer Termin folgen. Die Ausstellung Klimaversum lädt noch bis 5. April zum Experimentieren mit Energie ein.

 

Streuobstwiesen. Im Rahmen der Agenda 2030-Entwicklungsziele möchte sich Allmer gemeinsam mit Studierenden den im Pöllauer Tal weit verbreiteten Streuobstwiesen widmen. „Wir möchten ihren Wert im Zusammenhang mit dem Klimawandel untersuchen, aber auch ein regionales Bewusstsein für diese extensive Form der Landwirtschaft schaffen“, sagt Allmer. „Regionales Obst spart Transportwege, die Streuobstwiesen sind aber auch sehr wertvoll für die Biodiversität.“ Die Ergebnisse des Projekts sollen im Laufe des Jahres im Bauernladen in Pöllau präsentiert werden.

Derzeit beinhaltet die monatliche Energie-Buchhaltung der KEM-Gemeinden vier Gebäude, bald sollen es acht werden, und die Energiedaten aller anderen öffentlichen Gebäude sollen zumindest jährlich erfasst werden. Unter dem Motto „raus aus dem Erdöl“ plant Allmer eine entsprechende Informationsveranstaltung unter Mitwirkung der regionalen Nahwärmeanbieter, Installateure und Kesselhersteller. Zum dritten Mal organisiert sie heuer die Pelletseinkaufsbörse.

Heimkehrerin. Victoria Allmer stammt aus Pöllau, kommt aus dem Produktmanagement mit Grafikausbildung, studierte an der Grazer Karl-Franzens-Universität Umweltsystemwissenschaften mit Fachschwerpunkt Nachhaltigkeitsorientiertes Management, arbeitete für die Ökoregion Kaindorf, Universität Graz und das Klimabündnis und absolvierte die Ausbildung zur Kommunalen Klimaschutzbeauftragten. Nach sechs Jahren in der Landeshauptstadt kehrte sie 2017 für den Job als KEM-Managerin wieder in ihre Heimatgemeinde zurück. Seit Juni 2018 betreut Allmer auch die Klimawandelanpassungsmodellregion (KLAR) Naturpark Pöllauer Tal.

Als KLAR-Managerin hat sie in der Landwirtschaft einerseits die Rinderzucht im Fokus, andererseits möchte Allmer den Humusaufbau nach Kaindorfer Vorbild forcieren. „Wir haben einen Landwirt, der bereits seit mehreren Jahren Humusaufbau betreibt“, so Allmer. Diesen will sie nun in der Region bekannter machen und gemeinsam mit ihm mehr LandwirtInnen von dieser nachhaltigen Art der Bewirtschaftung überzeugen. Denn humusreiche Böden liefern selbst bei ungünstigen Witterungsbedingungen noch Erträge und dienen der Hochwasser-Vorsorge, da sie mehr Wasser speichern.

Ihre Freizeit verbringt die KEM-Managerin gerne mit ihren beiden Partnern, einem zweibeinigen und einem vierbeinigen. Beim vierbeinigen handelt es sich um Labrador Samy, der sein Frauerl beim Wandern und Spazierengehen stets begleitet. Und dann hat Allmer noch viele geflügelte Freundinnen. Denn sie betreibt gemeinsam mit ihrem Vater auch eine Imkerei.