Es war einmal ein Feuerwehrhaus. Seit Herbst 2016 beherbergt es die Alban Berg Musikschule Velden am Wörthersee. Dazwischen lag eine umfassende Mustersanierung im Auftrag der Marktgemeinde Velden und unterstützt vom Klima- und Energiefonds. Der KEM-Newsletter erkundigte sich nach den Betriebserfahrungen im ersten halben Jahr.
Die spezielle Herausforderung für Architekt Gerhard Kopeinig und sein Büro arch+more bestand darin, die Vorgaben des Denkmalschutzes, die strengen Energieeffizienzkriterien für Mustersanierungen sowie die besonderen Anforderungen der NutzerInnen unter einen Hut zu bekommen. Wo einst die Feuerwehrautos parkten, finden nun musikalische Veranstaltungen statt. Wo einst der Rauch durch die Kamine zog, laufen nun die Rohre der Komfortlüftung.
Wörtherseearchitektur. 1926 errichtete Franz Baumgartner, einer der bedeutendsten Vertreter der Wörtherseearchitektur, das sogenannte Spritzenhaus. Mit seinem Turm, den Giebeln und der ganz besonderen Fensterform reiht sich das Gebäude nahtlos in die mondänen Villen, Schlösser und Badehäuser der Region ein. Architekt Friedrich Achleitner beschreibt die Wörtherseearchitektur von 1864 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als Mix zwischen Jugendstil, Regionalromantik, Barock und englischer Landhausarchitektur. Sie ist eng mit der Errichtung der Südbahn verbunden, hat etwas Verspieltes und lockt bis heute zahlreiche „Sommerfrischegäste“ an.
„Natürlich kann man an denkmalgeschützten Gebäuden keine herkömmlichen Wärmeschutzfassaden anbringen. Wir haben uns daher für eine Innendämmung mit Mineralschaumplatten entschieden und diese Maßnahme im Vorfeld ausgiebig simuliert, um Bauschäden an der historischen Substanz auszuschließen“, erklärt Architekt Kopeinig, der diese Innendämmung schon 2013 bei der Mustersanierung eines Kindergartens in Velden eingesetzt hat. Die historischen Fenster wurden saniert und um eine innen liegende Zweischeiben-Isolierverglasung ergänzt. Selbstverständlich wurden auch der Dachstuhl und das unterste Geschoß gründlich wärmegedämmt.
Maximale Effizienz. Lag der Heizwärmebedarf laut Energieausweis vor der Mustersanierung bei 418 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr (kWh/m2a), reichen nun rund 27 kWh/m2a zur Beheizung. Die Steigerung der Energieeffizienz um den Faktor 15 beeindruckt auch Armin Bostjancic-Feinig, KEM-Manager der Energiediversitätsregion Carnica Rosental: „Beide Mustersanierungen wurden noch vor der Gründung unserer Klima- und Energie-Modellregion umgesetzt, sie dienen uns jedoch als Vorbilder für künftige Maßnahmen im Bereich der thermischen Sanierung.“
Beheizt wird die Musikschule mit Fernwärme. Für Frischluft sorgen eine dezentrale und zwei zentrale Komfortlüftungsanlagen mit zusammen rund 80 Prozent Wärmerückgewinnungsgrad. „Um die Frischluft möglichst sanft und geräuscharm in die Räume einzubringen, verwenden wir statt Zuluftdüsen sogenannte Luftsäcke aus Leinen“, sagt Kopeinig.
Lob und Tadel. „Die Akustik ist im ganzen Haus hervorragend. Wir genießen das sehr“, meint die Musikschuldirektorin Barbara Lerchbaumer-Gabalier. Sie bietet mit ihrem 19-köpfigen Team ein umfassendes Spektrum von musikalischer Frühförderung bis zur akademischen Reife an. Bloß der Namensgeber Alban Berg steht selten auf dem Programm, schließlich ist sein Werk vor allem für die Kleinen zu anspruchsvoll. Mit ihrem neuen Arbeitsplatz zeigt sich Lerchbaumer-Gabalier sehr zufrieden – allerdings mit einer Ausnahme: Die Fenster lassen sich nicht öffnen. Vor allem in dicht belegten kleinen Räumen sei dies ein Problem, so die Direktorin.
Die Ursache dafür wurzelt im Baubescheid, der festhält, dass die Fenster während des Musik- und Veranstaltungsbetriebs nicht geöffnet werden dürfen. Darauf aufbauend schloss die Gemeinde auch eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung mit den Nachbarn. „Aus energetischen Gründen und wegen des Schallschutzes haben wir bei der Sanierung der historischen Fenster auf Fensterhebel verzichtet und teilweise auch Fixverglasungen eingebaut“, erklärt Helmut Kusternik, Amtsleiter der Marktgemeinde Velden.
Nachjustieren. Das Monitoring habe insgesamt gute Ergebnisse gebracht, meint dazu Architekt Kopeinig, aber: „Eine derartig umfassende Sanierung erfordert immer mindestens eine Sommer- und eine Wintersaison für die Feinabstimmung der Haustechnik. Ostseitig gelegene Klassenräume verhalten sich anders als westseitige, in manchen Räumen findet Einzel-, in anderen Räumen Gruppenunterricht statt. Auch die NutzerInnen müssen sich erst im Nutzungsverhalten und der internen Organisation an das sanierte Gebäude gewöhnen.“ Das ist nicht anders als bei einem Orchester. Am Anfang klingt es nie ganz perfekt. Doch im Laufe der Zeit klappt das Zusammenspiel immer besser.