KEM-Manager im Porträt. Seit mehr als zehn Jahren leistet Johann Oswald in der Energieregion Wechselland seinen Beitrag zum Ausbau der Biomasse-Nahwärmenetze und der Photovoltaik. Unterstützung erhält er dabei auch von seinem Freund Wolfgang Fank, dem „grünen Pfarrer“ von Dechantskirchen.
Sein aktuelles Lieblingsprojekt sind die Energieregionssprechtage. Seit sechs Jahren tingelt Johann Oswald alle zwei Monate zwei Tage lang durch die sieben Gemeinden* der Klima- und Energie-Modellregion und berät die Bürger:innen. Und aktuell laufen sie ihm die Türen ein. Warum? „Zum einen sind das die guten Förderungen im Rahmen von ‚Raus aus dem Öl‘ und für Photovoltaikanlagen, zum anderen natürlich auch die massiv gestiegenen Preise für Heizöl und Strom“, meint Oswald. Als Netzwerker kommt er natürlich auch gerne mit „Leit z'samm“.
Wärmewende. Sieben Gemeinden bedeuten in der Energieregion Wechselland 35 Nahwärme-(mikro-)netze. Und die liegen dem Biomasseexperten besonders am Herzen. Nach Absolvierung der HTBL Pinkafeld war er von 1980 bis 2008 im Bereich von Holztrockenanlagen und Biomassekessel-Anlagen tätig. Bis 2020 arbeitete Oswald dann für einen der größten Biomassekesselanlagen-Hersteller Österreichs und hatte die Projektleitung für die Errichtung zahlreicher Biomasse-Kraftwärmekopplungsanlagen in Österreich, Deutschland und Russland.
„63 Prozent unserer Regionsfläche sind Wald. Daher ist es sinnvoll, diese Ressource zu nützen und unsere Nahwärmenetze zu verdichten und auszubauen“, ist der Ingenieur überzeugt. Bereits seit sieben Jahren werden 99 Prozent der öffentlichen Gebäude in der KEM mit erneuerbarer Energie beheizt, vorwiegend mit Nahwärme oder Hackschnitzel-Kesseln. Die meisten sinnvoll nutzbaren Dächer gemeindeeigener Gebäude wurden bereits mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Oswalds Zielgruppe für den weiteren PV-Ausbau sind daher vor allem Privathaushalte und Unternehmen. „Besonders freut mich – auch wenn ich daran nur sehr am Rande beteiligt war –, dass das größte Sägewerk unserer Region, RHI, nun eine Photovoltaikanlage mit 1,5 MWp auf den Dächern installiert“, sagt der KEM-Manager. Außerdem produziert das Werk seit heuer jährlich rund 30.000 Tonnen Pellets.
Ein Segen für die Region. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vorbildwirkung von Pfarrer Wolfgang Fank. Bereits vor 20 Jahren rief der Geistliche den „Arbeitskreis Schöpfungsverantwortung“ ins Leben, in dem auch Oswald seit Beginn aktiv mitwirkt. Der Umstieg auf erneuerbare Energie sei das Gebot des 21. Jahrhunderts, meint Fank und ließ bereits 2005 die erste Photovoltaikanlage installieren. Inzwischen sind es fünf – zwei davon in Nigeria und Togo. Der Pfarrer lenkt ein neun Jahre altes E-Auto, seine Pfarre ist EMAS-zertifiziert. Im Februar widmete ihm das ORF-Magazin „Studio 2“ einen Beitrag.
Aktuell trifft Oswald Vorbereitungen zur Etablierung einer Energieraumplanung in den KEM-Gemeinden. „Ein wichtiges Thema dabei ist auch die Freiflächen-Photovoltaik“, sagt Oswald. „Dabei wird es wichtig sein, eine Symbiose zwischen Landwirtschaft und Energieerzeugung zu finden, denn wir können nicht noch mehr Ackerflächen zupflastern.“ Außerdem sollen auch die hügelige bis bergige Topographie und die bestehenden Hochbehälter für Trinkwasserkraftwerke genutzt werden. In Rohrbach wurde 2020 eine Anlage mit 10 kW Leistung errichtet, in Pinggau gibt es ein noch größeres Potenzial zur Nutzung der Schwerkraft als Energiequelle.
Zukunftsfitte Gebäude. In den vergangenen Jahren führten alle KEM-Gemeinden eine Energiebuchhaltung ein, und auch zahlreiche Sanierungen konnten umgesetzt werden.
So wurden in Dechantskirchen die alte Volksschule und der alte Kindergarten saniert. Die Kinder bekamen einen neuen Kindergarten, in das frisch renovierte bisherige Gebäude zog ein Therapiezentrum ein. In Friedberg, St. Lorenzen und Schäffern wurden ebenfalls Sanierungsschritte im Bereich der Schulgebäude gesetzt, in Pinggau der Kindergarten neu gebaut. Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden sind geplant.
Im Juli 2022 wird der öffentliche Verkehr in der Oststeiermark flächendeckend durch das Anrufsammeltaxi SAM (seit 2020 im Probebetrieb) ergänzt. Die Stadtgemeinde Friedberg bietet ein E-Carsharing-Auto an. Für den Radtourismus ist eine Verlängerung der Wexl Trails aus Niederösterreich vorgesehen, das Radwegenetz vom Wechselland Richtung Therme Loipersdorf in der Südoststeiermark wird derzeit ausgebaut.
Bühne frei. Privat hegt Oswald eine Leidenschaft fürs Theater. „Wir haben 1987 den Kultur- und Theaterverein ‚Die Thalburger‘ gegründet und veranstalten seit 2009 ein jährliches Sommertheater in unserer Theaterarena“, sagt der Dechantskirchner. Auf dem Programm stehen vor allem Märchen. „Früher habe ich selbst gespielt, heute kümmere ich mich vor allem um die Organisation.“ Eigentlich schade. Denn auf der Bühne könnten ein weiser Waldgeist, guter König oder vielleicht sogar ein Sonnengott nicht schaden.
* Dechantskirchen, Friedberg, Lafnitz, Pinggau, Rohrbach an der Lafnitz, Sankt Lorenzen am Wechsel und Schäffern.