Einmal Wien und retour

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KEM-Manager im Porträt. Den jungen Johannes Großruck zog es nach Wien zum Studieren. Nach Ausflügen in die IT-Branche und die Politik kehrte er nach 15 Jahren in der Bundeshauptstadt wieder heim ins Mühlviertel. Nun treibt er als KEM-Manager die Photovoltaik, E-Carsharing und andere „grüne“ Projekte voran.

„Wir halten derzeit bei 55 Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden mit insgesamt 1,2 MWp“, zieht Johannes Großruck eine erfreuliche Zwischenbilanz. Sie wurden seit 2014 in sechs Etappen großteils über Bürgerbeteiligung finanziert. Der Ausbau soll weiter voranschreiten, doch langsam werden die Dächer auf Schulen, Kindergärten, Gemeindeämtern und Bauhöfen rar. Dieser Erfolg basiert auf viel Engagement, hat aber auch strukturelle Wurzeln. Dazu ein Blick in die Vergangenheit.

Energiegenossen. Im Jahr 2008 wurde der Regionalentwicklungsverein Donau-Böhmerwald mit einem dazugehörigen LEADER-Büro gegründet. Dieses nutzte ein Jahr später die erste Ausschreibung der Klima- und Energie-Modellregion durch den Klima- und Energiefonds. Aktuell befindet sich die KEM Donau-Böhmerwald bereits in der dritten Weiterführungsphase.

Einen weiteren Meilenstein stellte 2013 die Gründung der Energiegenossenschaft Donau-Böhmerwald nach dem Vorbild Eferdings dar, an der fast alle KEM-Gemeinden beteiligt sind. Sie vereinfacht die Planung und operative Umsetzung von gemeindeübergreifenden Energieprojekten wie etwa die Bürgerbeteiligung bei Photovoltaikprojekten. Denn die KEM umfasst 37 Gemeinden* mit rund 57.000 EinwohnerInnen – und so manche Entscheidung kann seither in der Energiegenossenschaft getroffen werden, ohne dafür 37 Gemeinderatsbeschlüsse einholen zu müssen.

Ferdls neue Freunde. Auch den MühlFerdl, das KEM-übergreifende E-Carsharing, betreut in der KEM Donau-Böhmerwald die Energiegenossenschaft. Sieben (von insgesamt 22) Ferdln werden von rund 70 Personen regelmäßig in der KEM Donau-Böhmerwald genutzt. Der neueste Standort ist Hofkirchen im Mühlkreis. „Derzeit sind wir dabei, die durch den bisherigen Hardware-Anbieter erzwungene Umstrukturierung auch dazu zu nutzen, unser künftiges Angebot zu erweitern“, erklärt Großruck. Roaming heißt das Stichwort. So wie man beim Handy auch über Netze anderer Anbieter telefonieren kann, sollen MühlFerdl-NutzerInnen künftig – auf Dienstreise oder im Urlaub – auch Fahrzeuge anderer E-Carsharing-Anbieter in Österreich nutzen können. „Wir sind hier in enger Abstimmung mit weiteren regionalen Anbietern und offen für weitere PartnerInnen.“

„Der Bezirk Rohrbach hat laut einer Untersuchung des VCÖ die schlechteste öffentliche Verkehrsanbindung an das nächste regionale Zentrum“, bedauert Großruck. Daher wird bei ihm in den nächsten Monaten und Jahren das Thema Mikro-ÖV auf der Agenda stehen. Auch der „Klimajugend“ möchte er sich widmen. „Es geht mir darum, eine Struktur zu entwickeln, eine Jugendplattform, in der wir gemeinsam von Klimaschutzprotesten zu konkreten Klimaschutzprojekten gelangen können.“

Das gute Leben. Großruck kooperiert auch mit dem LEADER-Projekt „Voi lebm“, das sich ein gutes Leben für alle wünscht und die Bevölkerung dazu einlädt, an einer guten Zukunft für die Region mitzuarbeiten. Aus dieser Zusammenarbeit entstand das erste Repair Café der KEM Donau-Böhmerwald in Altenfelden.

Bereits vor zwei Jahren organisierte Großruck eine Informationsveranstaltung zu Stromspeichern. Der Saal der Wirtschaftskammer Rohrbach war gesteckt voll. „Vor allem für LandwirtInnen könnten sich Stromspeicher rechnen. Die Bäuerinnen und Bauern sind Profis für Ernte und Lagerung, nichts anderes ist eine PV-Anlage mit Stromspeicher“, sagt Großruck. „Viele haben schon vor mehr als zehn Jahren in Photovoltaik für ihre Höfe investiert. Nach 13 Jahren läuft jedoch die Ökostromförderung aus – und sie stehen vor der Alternative, den Strom billigst an Energieunternehmen zu verscherbeln oder ihren Eigenverbrauchsanteil zu steigern.“ Seit dem Vorjahr fördert der Klima- und Energiefonds neben Photovoltaik- auch Speicheranlagen in der Landwirtschaft.

Aktuell läuft gemeinsam mit anderen Mühlviertler KEMs eine Klimainfo-Reihe. Am 2. Februar behandelte Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb in Gramastetten die Frage „Was hat der Klimawandel mit uns zu tun?“. Am 5. März ging es in Eidenberg um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Böden. Am 16. April hätten in Walding Vorträge und Diskussionen zum Thema Landwirtschaft und Nahrungsmittel im (Klima-)Wandel folgen sollen, die nun vorerst nicht stattfinden können.

Vielseitigkeit. Johannes Großruck stammt aus Aigen-Schlägl und zog zum Studieren nach Wien. Politikwissenschaft hat er sich ausgesucht, arbeitete nach abgeschlossenem Studium jedoch mehr als acht Jahre im IT-Bereich. Danach war er drei Jahre lang in der ÖVP-Bundesparteizentrale als Referent für den Mobilitäts- und Infrastrukturbereich tätig – und absolvierte daneben den Lehrgang E-Mob-Train an der Donauuniversität Krems. Auch als Bezirksrat im siebenten Wiener Gemeindebezirk betätigte sich der Mühlviertler. Doch dann wollte er wieder zurück nach Oberösterreich. Er suchte Arbeit im Nachhaltigkeitsbereich und ergriff die Chance, als der frühere KEM-Manager Markus Altenhofer die KEM verließ.

Sport ist nicht sein Ding, doch zur Arbeit fährt er mit Rad – acht Kilometer von Lembach nach Sarleinsbach und retour. Reisen unternimmt er am liebsten mit seiner Frau und einem E-Mobil. Und hin und wieder kann man Johannes Großruck auch auf der Gitarre „schrummen“ hören.

 

* Die KEM Donau-Böhmerwald umfasst die Gemeinden Aigen-Schlägl, Altenfelden, Arnreit, Atzesberg, Auberg, Haslach an der Mühl, Helfenberg, Herzogsdorf, Hofkirchen im Mühlkreis, Hörbich, Julbach, Kirchberg ob der Donau, Klaffer am Hochficht, Kleinzell im Mühlkreis, Kollerschlag, Lembach im Mühlkreis, Lichtenau im Mühlkreis, Nebelberg, Neufelden, Neustift im Mühlkreis, Niederkappel, Niederwaldkirchen, Oberkappel, Oepping, Peilstein im Mühlviertel, Putzleinsdorf, Rohrbach-Berg, Sarleinsbach, Schwarzenberg am Böhmerwald, St. Johann am Wimberg, St. Martin im Mühlkreis, St. Oswald bei Haslach, St. Peter am Wimberg, St. Stefan-Afiesl, St. Ulrich im Mühlkreis, St. Veit im Mühlkreis und Ulrichsberg.