Wohngebäude mit mehreren Eigentümer:innen auf erneuerbare Energie umzurüsten, ist ein schwieriges Unterfangen. KEM-Manager Christian Hummelbrunner ist es trotzdem gelungen, die Heizung von Erdgas auf Nahwärme umzustellen und eine gemeinschaftliche Photovoltaikanlage aufs Dach zu bekommen.
In Wohngebäuden in Mischbesitz entscheidet die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über Investitionen. Und je teurer ein Vorhaben ist, umso hitziger verlaufen meist die Diskussionen zwischen den Eigentümer:innen, bevor ein Beschluss zustande kommt. Sanierungen und Heizungsumstellungen in derartigen Gebäuden gelten daher als besonders aufwendig – und manche Hausverwaltungen scheuen sich, Projekte für mehr Energieeffizienz und/oder erneuerbare Energie anzugehen.
Ausgangslage. „Erstaunlicherweise war es relativ einfach, alle Eigentümer:innen mit an Bord zu holen“, erklärt Christian Hummelbrunner, KEM-Manager der Traunsteinregion. „Die Hausverwaltung – die Wohnbaugenossenschaft ISG – zu überzeugen, war etwas schwieriger. Wirklich kompliziert sind aber die rechtlichen und fördertechnischen Details, wenn nicht eine einzelne private oder juristische Person, sondern eine WEG auf erneuerbare Energie umstellen möchte.“
Hummelbrunner spricht von seinem Projekt in Kallham. Er überzeugte die sechs Eigentümer:innen eines Mehrparteienwohnhauses davon, die 20 Jahre alte Erdgasheizung durch einen Nahwärmeanschluss zu ersetzen. Vier der sechs Eigentümer:innen entschlossen sich weiters zur Investition in eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach. Die beiden anderen hatten nichts dagegen, wollten sich aber finanziell nicht beteiligen.
Realisierung. Die Heizungsumstellung und die Inbetriebnahme der PV-Anlage wurden im Vorjahr umgesetzt. Das gesamte Haus ist nun erdgasfrei, und die 25-kWp-Photovoltaikanlage liefert etwa eineinhalb mal so viel Strom, wie im Haus selbst verbraucht wird. Jetzt fehlen nur noch ein Batteriespeicher mit knapp 20 kWh, der im Frühjahr geliefert werden soll, und eine E-Ladestelle.
Was Hummelbrunner vor diesem Projekt noch nicht wusste, ist, dass WEGs rechtlich nicht wie Privatpersonen, sondern ähnlich wie Unternehmen behandelt werden. Und so musste er gemeinsam mit der Hausverwaltung beim Ergänzungsregister für sonstige Betroffene (ERsB) eine Kennzahl des Unternehmensregisters (KUR) beantragen, damit die Photovoltaikanlage gefördert werden konnte.
Der Sonnenstrom wird über den bestehenden Hausstrom-Zähler an die OeMAG geliefert. Alternativ hätte die PV-Anlage als gemeinschaftliche Erzeugungsanlage oder im Rahmen einer Energiegemeinschaft ans Netz gehen können. In diesem Fall wären jedoch für die VerbraucherInnen bei der Nutzung des eigenen Stroms (reduzierte) Netzgebühren angefallen – und es hätte ein eigener Stromzähler installiert werden müssen.
Nachfolgeprojekte? „Mein Ziel war, eine technisch und wirtschaftlich optimale Lösung zustande zu bringen“, resümiert Hummelbrunner. „Dass ich mir dabei das Know-how angeeignet habe, wie man mit PV-Anlagen für Wohnungseigentümergemeinschaften umzugehen hat, ist für meine künftige Arbeit sehr wertvoll.“
Auch Dieter Zorn, der bei der ISG die Hausverwaltung leitet, ist mit dem Musterprojekt zufrieden und kann sich Nachfolgeprojekte vorstellen: „Wenn es vor Ort Nahwärmenetze gibt, schließen wir unsere Wohnhausanlagen natürlich gerne an. Mussten wir vor einiger Zeit die Mieter:innen und Eigentümer:innen davon überzeugen, wenden sich nun immer mehr von sich aus an uns.“ Die Photovoltaik für den Hausstrom zu verwenden und den Rest ins Netz einzuspeisen, sei eine praktikable Lösung, die sich auch rasch amortisiere. Die Installation von Eigenverbrauchsanlagen in Mehrparteienwohnhäusern samt Gründung einer eigenen Energiegemeinschaft hält er derzeit jedoch für zu aufwendig. Eine Teilnahme an Energiegemeinschaften, die zum Beispiel von Gemeinden ins Leben gerufen werden, sei jedoch eine Option.