Seit vielen Jahrzehnten schlummert die Burg hoch über Neulengbach in einem Dornröschenschlaf. Vor fünf Jahren begann ein Personenkomitee mit dem Wachküssen. Matthias Zawichowski, Manager der Klima- und Energie-Modellregion Elsbeere-Wienerwald, beteiligt sich an der Reanimation und achtet darauf, dass Dornröschen nicht nur wiederbelebt, sondern trotz Denkmalschutz auch fit für eine CO2-freie Zukunft wird.
Im Jahr 1191 bezogen die Lengenbacher ihre nigelnagelneue Burg auf einem 80 Meter hohen Felsen über dem zwei Jahre zuvor gegründeten Markt Neulengbach. Über die Jahrhunderte folgten zahlreiche weitere Adelsgeschlechter als Eigentümer, bis im Jahr 1912 ein Großbrand in der Burg wütete. Ab 1920 war hier ein Kinderheim der Gemeinde Wien untergebracht. Heute gibt die Burg ein eher trauriges Bild ab. Der Putz bröckelt, die Fensterrahmen und -stöcke sind morsch. Ein modernes Heizsystem wurde nie installiert.
Moderne Prinzen. Im Jahr 2014 starteten die Unternehmer Wolfgang Sumetzberger, Lothar Rehse und Matthias Zawichowski gemeinsam mit dem Burgherrn Bruno Wakonig eine Initiative, um die Burg Neulengbach nachhaltig wiederzubeleben. Sie soll langfristig kultureller Mittel- und Treffpunkt der Region werden, aber auch eine Stätte, in der in Ruhe Innovationen vorangetrieben werden können. 43 konkrete Ideen erbrachte ein Wettbewerb im Jahr 2016. „Eine der grundlegenden Ideen zur Nutzung der Burg ist, das Alte mit dem Neuen, also mit neuen Technologien, zu verbinden“, sagt Zawichowski.
BURG 2025 nennt sich das langfristige Projekt und bildet für Matthias Zawichowski auch als Manager der KEM Elsbeere Wienerwald „eine wunderbare Spielwiese“. Einerseits wird er dafür sorgen, dass die Burg künftig vollständig mit erneuerbarer Energie versorgt wird. „Dekarbonisierung der Energieversorgung unter den Aspekten des Denkmalschutzes“ heißt das Projekt. Anderseits bietet die Burg eine wunderbare Kulisse für KEM-Veranstaltungen.
Komplexe Sanierung. Noch befindet sich BURG 2025 in der Sondierungsphase. Das gilt auch für das künftige Energiekonzept. Doch einige Details sind jetzt schon klar. „Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass wir auf eine bauphysikalisch ohnedies problematische Innendämmung verzichten können, da die Wände bis auf wenige Bereiche sehr dick sind“, so Zawichowski. Eine heikle Aufgabe wird die Sanierung der rund 700 teilweise historischen Kastenfenster.
Zur Energieversorgung möchte der KEM-Manager auf Solardachziegel setzen. Hier wird allerdings der Denkmalschutz ein Wörtchen mitzureden haben. In Wien und Mödling konnten derartige Projekte bereits in Ortsbildschutz-Zonen umgesetzt werden. In Baden erteilte die Baubehörde erster Instanz allerdings einen negativen Bescheid.
Voraussichtlich nicht in Frage kommt der Einbau eines wasserführenden Heizsystems. So wurden als Alternative auch schon die Themen Bauteilaktivierung – also die Nutzung der Baumasse als Wärmespeicher – und die Errichtung eines mit Überschuss-Windstrom gespeisten Wärmespeichers durchgedacht. Zawichowski: „Eine Winternutzung wird so bald nicht möglich sein. Aber wir wollen nach und nach einzelne Bereiche der Burg auch in der Übergangszeit bespielbar machen.“
Den Hof machen. Auch eine Überdachung des Innenhofs mit seinen Doppelsäulen steht zur Diskussion. Mit transparenter oder semitransparenter Photovoltaik ließe sich ebenfalls Strom gewinnen und durch das Glasdach ein Wintergarteneffekt erzielen. Der Hof könnte daher auch im Frühling oder Herbst genutzt werden.
Bei den bisherigen zwei großen Veranstaltungen auf der Burg Neulengbach wurden bis zu 1.000 Gäste gezählt. Beim „Future Lab Day“ 2017 konnte man in die Welt der Virtual Reality abtauchen, dem Zukunftsforscher Lars Thomsen lauschen, die Burg besichtigen und sich über Elektromobilität informieren. 2018 kamen bei der Veranstaltung Speicher/Werk/Stadt zu den bewährten noch weitere Angebote dazu: Infos zu Energiespeichern, ein Repair-Café, ein „Experimentier/Speicher“ für Kinder und ein „Social Furniture“-Möbelbau-Workshop.