KEM-Managerin im Porträt. Die Energiewende ist nicht nur eine technische, politische und finanzielle Herausforderung, sondern auch eine kulturelle. Davon ist Heidrun Kögler, KEM-Managerin der Energiekultur Kulmland, überzeugt. So verändert sie durch Bewusstseinsbildung Schritt für Schritt die Alltagskultur.
JedeR muss einen Beitrag zur Energiewende leisten. Das sieht auch K.U.L.M., eine Gruppe von KünstlerInnen rund um den namensgebenden Berg Kulm, so. Sowohl einheimische als auch zahlreiche KünstlerInnen von „auswärts“ begleiteten die KEM Energiekultur Kulmland von Anfang an. 2011 entstand der kuppelförmige
Energiedom, im Jahr darauf beschäftigten sich „10 Days – 10 Artists“ mit der Energie- und Zeitkultur. Vor zwei Jahren startete im Kulmland ein dreijähriges Kunstprojekt mit Klimaschutzbezug: Die Sprache der Materialien.
Vintage mit Zukunft. 2016 widmete sich das Projekt dem Thema Kleidung und Textilien. „Diana Ranegger und Clarissa Kober, zwei Studentinnen aus unserer Region, gründeten als 19-Jährige ein Vintage-Modelabel namens Dogdays of Summer. Die jungen Frauen haben in einem Projekt mit SchülerInnen Alttextilien gesammelt und umgenäht, also alte Kleidungsstücke, die niemand mehr tragen wollte, in coole neue Mode verwandelt. Dazu gab es Informationen zu den Arbeitsbedingungen in der Textilbranche sowie zu ökologischen Auswirkungen und Alternativen wie Fairtrade-Mode“, erzählt Kögler. 2017 stand Ton.Erde.Lehm. auf dem Programm, heuer geht es um Papier.
Die Alltagskultur im Kulmland verändern will Kögler mit zahlreichen Workshops und Informationsveranstaltungen, im Vorjahr beispielsweise mit einer Podiumsdiskussion zum Thema zukunftssicheres Bauen. Aktuell läuft im Kulmland das Heizkessel-Casting. Gesucht wird das älteste Fossil, zu gewinnen gibt es eine nagelneue Biomasseheizanlage.
Leuchtendes Vorbild. Bei der Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED waren die fünf Gemeinden* der Energiekultur Kulmland fleißig. „Wir haben hier einen Umsetzungsgrad von etwa 80 Prozent erreicht, es fehlen eigentlich nur mehr jene Straßenzüge, deren Beleuchtung erst wenige Jahre vor dem KEM-Projekt erneuert wurden“, erklärt Kögler. In manchen Gemeinden wurde die Straßenbeleuchtung gleichzeitig auch erweitert.
So hat Feistritztal seine Kosten für das öffentliche Licht halbiert. Die IlztalerInnen, die in Sachen LED-Umrüstung bereits 2012 Vorreiter waren, bekommen nun deutlich mehr Licht bei leicht reduzierten Kosten. In der Folge organisierte Kögler auch eine Gemeinschaftsaktion für LED-Innenbeleuchtung, an dem sich die fünf Gemeinden, drei Firmen und ein Landwirtschaftsbetrieb beteiligten.
Verbündete. Unterstützung erhält Kögler unter anderem vom Arbeitskreis sanfte Mobilität. Dieser verhandelt zwar noch über E-Carsharing, hat aber eine Ausweitung des Regionalsammelbusses auf drei Gemeinden erwirkt. „Bei zwei Tankstellen gibt es nun E-Bikes zum Ausleihen“, sagt Kögler. „Demnächst wird es in jeder Gemeinde auch E-Ladestellen geben. Das Projekt ist bereits zur Förderung eingereicht.“
* Feistritztal, Gersdorf an der Feistritz, Ilztal, Pischelsdorf am Kulm, Stubenberg am See
Der Hobbygärtner-Stammtisch plant einen Gemeinschaftsgarten und beschäftigt sich mit dem Tausch von Saatgut und Pflanzen. Und auch das Thema Boden und Humus bildet einen wichtigen Schwerpunkt sowohl bei den Hobbygärtnern als auch im Klimaschutz. Hier profitiert man mitunter von den Pionieren in der Nachbarregion, die ein Humusaufbauprogramm auf die Beine gestellt haben, das auch alle landwirtschaftlichen Betriebe aus dem Kulmland herzlich zur Teilnahme einlädt.
Zahlreiche Schulprojekte. Humus bildete aber auch den Boden für die zwei bisherigen Klimaschulen-Projekte SonnigERleben in den Schuljahren 2014/15 und 2016/17. „Mir ist sehr wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen einen Bezug zu ihren Lebensmitteln bekommen und selbst erfahren, wie viel Arbeit und Aufwand es bedeutet, Obst und Gemüse zu produzieren“, erklärt Kögler. Dadurch soll dann auch die Wertschätzung für Gekauftes steigen – nicht nur Essen, sondern auch andere Konsumgüter landen oft viel zu leichtfertig im Einkaufswagen und später im Müll. Das Bewusstsein für hochwertige Konsumgüter, die regional, nachhaltig und unter fairen Bedingungen produziert wurden zu steigern, ist eines der vorrangigen Ziele im Projekt.
Also wurden Hochbeete und Kräuterspiralen angelegt und betreut. Das geerntete Gemüse landete in selbst gebauten Solarkochern, die Kräuter teilweise in ebenso selbst hergestellten Solartrocknern. Unabhängig davon bauten SchülerInnen der Neuen Mittelschule Stubenberg im Rahmen eines Solarcamps zwei thermische Solaranlagen für das Vereinshaus am Sportplatz.
Energiekultur in Reinkultur. Im aktuellen Klimaschulen-Projekt steht erstmals auch ein Musical auf dem Programm. SchülerInnen der Neuen Mittelschule Stubenberg verwandeln das Musical Starlightexpress in einen „Sunlightexpress“. Seit Herbst 2017 wird fleißig umgetextet und umkomponiert, an Kostümen und Bühnenbild sowie an der Choreographie gearbeitet. Die Kinder aus der Volksschule Stubenberg wiederum studieren mit dem Puppenspieler Stefan Karch Stücke zum Thema „Wir philosophieren über Nachhaltigkeit“ ein. Zu sehen gibt es die Aufführungen bei der Abschlussveranstaltung am Ende des Jahres und zwei bis drei eigenen Terminen für das Musical.
Sehr gut angenommen wird das Kulmlandsackerl, das Kögler ebenfalls gemeinsam mit SchülerInnen entwickelte. Fast alle Läden der Region beteiligen sich an der Aktion. Sie bieten nicht nur die Fairtrade-Stofftaschen aus Bio-Baumwolle an, sondern stempeln auch Sammelpässe. Wer 20 Stempel sammelt, kann Einkaufsgutscheine oder sogar ein E-Bike gewinnen. Den Stempel gibt's freilich nur, wenn man mit dem Kulmlandsackerl einkauft.
Auffi muass i. Heidrun Kögler studierte Umweltsystemwissenschaften mit dem Schwerpunkt Physik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Noch bevor sie ihr Studium beendet hatte, wurde sie vom ehemaligen Pischelsdorfer Bürgermeister Erwin Marterer als KEM-Managerin engagiert. Ob zu Fuß, mit dem Mountainbike, mit dem Skilift oder den Tourenskiern, am liebsten entspannt sie sich in den Bergen. Sie interessiert sich aber auch für fremde Kulturen und Reisen – und wenn es dort ein Meer gibt, kann sie selbst der Seehöhe von null Metern etwas abgewinnen.