Zahlreiche Klima- und Energie-Modellregionen nützen die Möglichkeiten des 2021 in Kraft getretenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) und haben Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEGs) ins Leben gerufen. Diese können bereits jetzt mit mehreren Erzeugungsanlagen in Betrieb gehen. Bis Oktober 2022 verlangen die Netzbetreiber allerdings eine Zuordnung der Verbraucher:innen zu einzelnen Erzeugungsanlagen.
Fünf Prosumer:innen mit Photovoltaikanlagen und sieben Konsument:innen umfasst die Laudachtaler Energiegemeinschaft in Vorchdorf. Neben Privathaushalten machen auch ein Gastronomiebetrieb, ein Schuhgeschäft und ein Unternehmen zur Planung von Gastronomieeinrichtungen mit. „Wir haben ganz bewusst klein angefangen, da noch nicht alle Aspekte der EEG – vor allem die Verträge mit dem Netzbetreiber – klar sind“, erklärt Christian Hummelbrunner, KEM-Manager der Traunsteinregion. Im Wesentlichen nehmen derzeit die Mitglieder der Energiegruppe Vorchdorf teil. Sobald alle Unklarheiten beseitigt sind, sollen sich auch die Gemeinde sowie möglichst viele Unternehmen und Bürger:innen an der EEG beteiligen.
„Letztlich möchte ich erreichen, dass in möglichst allen KEM-Gemeinden große Energiegemeinschaften gegründet werden, die durch attraktive Tarife für Erzeuger:innen und Konsument:innen auch den Photovoltaikausbau kräftig vorantreiben“, nennt Hummelbrunner seine Ziele. Dazu hat er auch für Gmunden sowie für die Gemeinden Gschwandt und St. Konrad Projekte beim Klima- und Energiefonds eingereicht (Stufe 1), die bereits bewilligt wurden. Für die Gemeinden Laakirchen und Altmünster reichte er jeweils ein Projekt für die Stufe 2 ein.
Knoten im Netz. Der Hintergrund für die Anlaufschwierigkeiten – nicht nur in der Traunsteinregion, sondern in ganz Österreich: Die rund 120 österreichischen Netzbetreiber können Energiegemeinschaften mit mehr als einer Erzeugungsanlage bislang nur in eingeschränkter Form abrechnen. Dazu ist eine Adaptierung der IT-Systeme nötig, die bis Oktober 2022 umgesetzt werden soll – und zwar in standardisierter Form, wie die Netzbetreiber versprechen. Bis dahin müssen Verbraucher:innen in Energiegemeinschaften mit mehreren Stromproduzent*innen einer einzelnen Erzeugungsanlage zugeordnet werden. (Weitere Informationen dazu hier.)
Trotzdem soll in der KEM Elsbeere Wienerwald im Mai in Neulengbach der Testbetrieb einer EEG starten. „Wir beginnen dabei ausschließlich mit gemeindeeigenen Kraftwerken und Abnehmer:innen“, berichtet KEM-Manager Matthias Zawichowski. „Denn gemeindeintern besteht eine gute Vertrauensbasis, die entscheidend ist, sollte anfangs nicht alles so klappen wie geplant. Privatpersonen und Unternehmen möchten wir erst dann in die EEG aufnehmen, wenn eine stabile Basis geschaffen wurde.“
Mehr Sonnenstrom. Die EEG soll 122 Zählpunkte mit einem Strombedarf von etwa zwei Millionen Kilowattstunden umfassen – also richtig groß werden. Mit den bestehenden Photovoltaikanlagen können jedoch nur etwa 35 bis 40 Prozent davon abgedeckt werden. „Daher möchte die Gemeinde nun massiv in den PV-Ausbau investieren“, sagt Zawichowski. So soll beispielsweise die PV-Anlage des Bauhofs Neulengbach von 70 auf 190 kWp erweitert und die Kapazität des Stromspeichers auf 40 kWh verdoppelt werden.
Ab Oktober fasst Zawichowski die Inbetriebnahme der Energiegemeinschaft in sieben KEM-Gemeinden ins Auge. Aktuell ist er mit seinem Planungsbüro in die Entwicklung von zwölf EEGs involviert, unter anderem in Lilienfeld, im Tullnerfeld und in Türnitz.
Klein, aber fein. Einen anderen Weg beschreiten Anton Schuller, KEM-Manager der Region Hartberg, und seine Nachbarin Margit Krobath, KEM-Managerin der Ökoregion Kaindorf. Sie möchten vorerst mit einer kleinen privaten EEG Erfahrungen sammeln. Mit ihren eigenen PV-Anlagen wollen sie einen weiteren Nachbarn sowie den Bioladen namens „Biosphäre“ beliefern (siehe Video). Der Verein ist gegründet, nun wartet Schuller noch auf die Installation eines Smart Meters und die Verträge mit den Stadtwerken Hartberg, dem Netzbetreiber. Schuller hofft, noch im Februar mit der Stromlieferung beginnen zu können. „Sobald wir ausreichend Erfahrungen gesammelt haben, möchte ich eine größere EEG mit den öffentlichen Gebäuden der Stadt ins Leben rufen“, so Schuller. Krobath sammelt unterdessen Interessent:innen für eine EEG in Kaindorf. Außerdem möchte sie Ende des Jahres ihre eigene PV-Anlage erweitern.
Auch KEM-Managerin Sabine Pommer hat in der KEM Vöckla-Ager bereits die Gründung einer kleinen privaten EEG in Gampern begleitet (siehe Video) und einen erfolgreich verlaufenen Infoabend veranstaltet. Zwei Projekte hat sie beim Klima- und Energiefonds eingereicht für Stufe 2 eingereicht – eines gemeinsam mit der Stadtgemeinde Vöcklabruck, ein weiteres für ein Gemeinschaftswohnprojekt in Regau. „In Vöcklabruck sollen auch alle Dächer der öffentlichen Gebäude als Sonnenkraftwerke genutzt werden“, freut sich Pommer. „Da der neue Bürgermeister Peter Schobesberger selbst Energie- und Umwelttechniker ist, bin ich sehr zuversichtlich, dass das auch klappt.“
In der Folge möchte sie Energiegemeinschaften in den zehn größten ihrer 27 KEM-Gemeinden auf den Weg bringen. Die Umsetzung wird dann ihre Nachfolgerin, Sybille Chiari, begleiten. Denn Pommer wechselt im Mai in den wohlverdienten Ruhestand.
Gemeinden als Pioniere. In Vorarlberg wurde kürzlich der Verein „Erneuerbare Energiegemeinschaft Vorderwald“ gegründet. Vorerst möchten die Gemeinden Hittisau, Langenegg und Sibratsgfäll mit kommunalen Anlagen Erfahrungen sammeln. „Dabei sollen offene Fragen geklärt werden: Wie funktionieren Messung, Verteilung und Abrechnung, welche wirtschaftlichen Impulse liefert die EEG für den Ökostromausbau sowie welche Produzent:innen und Verbraucher:innen eignen sich für die Teilnahme an der EEG?“, erklärt Monika Forster, KEM-Managerin im Vorderwald.
Die KEMs Amstetten Nord und Amstetten Süd arbeiten an einer großen EEG namens „Energiegemeinschaft Region Amstetten“, an der sich auch Bürger:innen und Betriebe beteiligen sollen. Am 7. Dezember wurde darüber in einer Online-Veranstaltung informiert. Nun sammelt man Voranmeldungen von Interessent:innen – und zwar hier.
Eine große EEG plant auch Gerfried Koch, KEM-Manager und Energiereferatsleiter in Baden: „Da unser Projekt mit der Errichtung von PV-Anlagen verknüpft wird und viele Gebäude betrifft, werden wir erst im zweiten Quartal 2022 starten können.“ KEM-Manager Roman Mühl unterstützt drei Gemeinden der KEM Graz-Umgebung Nord bei der Gründung von EEGs.
Jetzt einreichen. Zum Abschluss noch eine gute Nachricht: Die Einreichfrist für die dritte Stufe des Klimafonds-Programms Energiegemeinschaften wurde um einen Monat bis 31. März, 12.00 Uhr verlängert. Insgesamt beauftragte der Klima- und Energiefonds in der Pionierphase 48 EG-Projekte, 138 Projekte wurden in der Stufe 2 eingereicht.