KEM-Manager im Porträt. Wenn man ein Energieparadies managen muss, hängt die Latte hoch. Doch der Umweltsystemwissenschaftler Stephan Stückler meistert den Fulltime-Job als KEM- und KLAR!-Manager im Energieparadies Lavanttal mit viel Erfahrung und Ausdauer. Die Fertigstellung der Koralmbahn im Dezember 2025 gibt ihm und der regionalen Mobilitätswende Rückenwind.
Draußen ist es kalt, aber in der warmen Stube freut sich Stephan Stückler, dass die Online-Plattform „Biomasse Lavanttal“ auch nach über zehn Jahren weiter wächst. Die KEM präsentiert hier Anbieter:innen von Hackgut, Scheit- und Rundholz – und weitet das Angebot nun auch auf Wertholz aus. „In den Lavanttaler Wäldern wächst auch viel Holz, das zu schade für den Ofen ist“, weiß Stückler.
Für kleinere Waldbesitzer:innen ist der Aufwand für den Verkauf als Wertholz angesichts geringer Mengen aber oft zu hoch. Diesen wird die KEM heuer mit einer koordinierten Begutachtung der in Frage kommenden Bäume reduzieren und nach der Fällung Sammeltransporte organisieren. So soll regionales Holz zu regionalen Sägewerken und Tischlern gelangen und in hochwertiges Vollholzmobiliar verwandelt werden. Das spart Transportkosten und erzeugt regionale Wertschöpfung.
Bahnbrechende Ereignisse. Ein großes Thema in der KEM ist die Mobilität. Schon jetzt kommt man über den neuen Bahnhof in St. Paul im Lavanttal in Windeseile mit dem Zug nach Klagenfurt. Ab 14. Dezember 2025 soll die Koralmbahn auch Richtung Graz in Betrieb gehen – mit nur 45 Minuten Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt. „Dieser neue Mobilitätsknoten ist natürlich eine große Chance für unsere Region und für mehr nachhaltige Mobilität im Alltag und im Tourismus“, freut sich Stückler.
Gemeinsam mit der TU Wien und den neun KEM-Gemeinden* führte Stückler eine Studie durch, die in ein regionales Mobilitätskonzept mündete. Alle fünf Bahnhöfe wurden untersucht und die Bevölkerung nach ihren Wünschen befragt. „Das Fahrrad und besonders das E-Bike haben ein großes Potenzial im Alltagsverkehr, und es ist wichtig, die Bahn- und die Radverkehrsinfrastruktur miteinander zu verknüpfen“, so Stückler.
Radrouten gesucht. Mit dem R10 (Lavantradweg) verfügt die KEM über eine hübsche touristische Verbindung, die auch für den Alltagsradverkehr taugt. Der R10 führt vom Drauradweg in Lavamünd 54 Kilometer nach Norden, wo er in den R26 (Zirbenlandradweg) nach Weißkirchen in Steiermark mündet. „Unser Problem ist aber, erst einmal sicher und ohne ständiges Absteigen zum R10 zu gelangen“, bekennt Stückler. Gemeinsam mit der Radlobby Lavanttal nahm er sämtliche radtaugliche Zubringerstraßen unter die Lupe, um mögliche künftige Routen für den Alltagsradverkehr zu eruieren.
Bis zu einem echten „Fahrradies“, so der Maßnahmen-Titel, wird es angesichts angespannter Gemeindefinanzen aber noch dauern, zumindest was nötige bauliche Eingriffe betrifft. Rascher lassen sich Verbesserungen bei der Ausschilderung von Radrouten und Bodenmarkierungen, aber auch bei Abstellanlagen und Service-Stationen erzielen. „Sehr gut wird auch unser E-Lastenrad KLaRa angenommen, im Vorjahr wurde es über 100-mal ausgeliehen“, freut sich Stückler. Geholfen habe auch die smarte Verleihbox beim Wolfsberger Rathaus, die das kostenlose Ausleihen für Nutzer:innen und KEM vereinfacht.
Energieeffizienz. Alle neun KEM-Gemeinden setzen eine Energiebuchhaltung ein und 4.200 von 5.000 Lichtpunkten der Straßenbeleuchtung sind bereits auf LED umgerüstet. Stückler hofft, dass die Umstellung in der nächsten Weiterführungsphase abgeschlossen werden kann.
In den vergangenen fünf Jahren errichteten die Lavanttaler Gemeinden mehr als 40 Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden. Zusammen weisen sie eine Spitzenleistung von 950 kWp auf. Die größten wurden auf dem Sportstadion und dem Wirtschaftshof von Wolfsberg sowie auf der Kläranlage in St. Andrä angebracht. 81 Prozent der kommunalen Gebäude werden bereits mit erneuerbarer Energie beheizt. Auch hier möchte Stückler in den nächsten Jahren 100 Prozent erreichen.
Bewusstseinsbildung. Stückler veranstaltete zahlreiche Info-Abende, Workshops und Events. Es ging um regionales Essen und nachhaltiges Feiern, um Heizungsumrüstung, Energiegemeinschaften, Re-Use und Upcycling sowie um Mobilität. Das größte Ereignis war mit tausenden Besucher:innen der Energie- und Mobilitätstag im Mai 2022 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der KEM Energieparadies Lavanttal.
Besonders wichtig ist dem KEM- und KLAR!-Manager die Arbeit mit Kindern. So wurden die Kinder der Volksschulen Reichenfels und Lavamünd im vergangenen Schuljahr vom fliegenden Hund namens Fabio durch sieben Energieabenteuer begleitet. Im Schuljahr 2019/20 beteiligten sich die Volksschulen St. Margarethen, Jakling und Granitztal an einem Klimaschulen-Projekt zum Thema „Klima und Schule im Wandel!“. Im Vorjahr beschäftigten sich die Kinder an den Lavanttaler Volksschulen mit regionaler Ernährung. In den zahlreichen Koch-Workshops ging es nicht nur um theoretisches Wissen, sondern auch um die Praxis. Die Kinder griffen selbst zum Kochlöffel und bereiteten selbstgemachte Brotaufstriche und köstliche Karotten-Muffins zu.
Reiche Erfahrung. Stephan Stückler absolvierte an der Universität Graz das Masterstudium Umweltsystemwissenschaften mit Schwerpunkt Klimageographie. Nach seinem Studium arbeitete er an diversen Projekten zum Thema Klima, Energie und Mobilität und übernahm das Projektmanagement von EU-Projekten. Seit 2017 fungiert er als Manager der KLAR! Klimaparadies-Lavanttal, 2019 folgte er Günther Rampitsch als KEM-Manager nach.
Stückler ist in Wolfsberg aufgewachsen, heiratete vor einem Jahr und lebt mit seiner Frau in Sankt Margarethen im Lavanttal. Während seiner Studienzeit war er als Fußballer in der Landesliga aktiv. Heute verfolgt er Spiele lieber als Zuseher von der Tribüne. Zudem spielt er in seiner Freizeit gerne Tischtennis oder Badminton. Und in seinem Garten experimentiert er mit Feigen, Maulbeeren und Kaki. Angewandte Klimawandelanpassung gewissermaßen.
* Die KEM Energieparadies Lavanttal umfasst die Gemeinden Bad St. Leonhard im Lavanttal, Frantschach-St. Gertraud, Lavamünd, Preitenegg, Reichenfels, St. Andrä, St. Georgen im Lavanttal, St. Paul im Lavanttal und Wolfsberg.
Weitere Informationen:
KEM Energieparadies Lavanttal
Facebook
Instagram