FRITSCHEHAUS – 15 Wohnungen und KEM-BürgerService ohne Flächenverbrauch

Es wurde im Zentrum von Traismauer ein jahrzehntelang leerstehenden alten Geschäftshaus nach dem Tod des einzigen Bewohners zur Gänze umgebaut und saniert. Daraus entstand ein modernes Wohnhaus mit 15 Wohnungen. Die Flächenverteilung ist effizient und modern. Zusätzlich entstand das „KEM-BürgerService“, welches der Bevölkerung täglich offensteht. Das Gebäude wurde thermisch saniert, modernisiert, mit einer gemeinschaftlichen PV-Anlage und Speicher ausgestattet. Die Heizung wurde von Erdgas auf die lokale Biomasse-Fernwärme umgestellt und es entstand die erste Tiefgarage, um Boden zu sparen.

Projektinhalt und Ziel

Reduktion von Leerstand: vorher bei 30% - nachher 25%

Die Stadt beschäftigt sich intensiv mit Leerstand – speziell in der Innenstadt. Zumeist stehen rund 30% der Geschäftsflächen leer.

Hier muss man unterscheiden, denn nur rund 1/3 dieser Flächen sind auch verfügbar. Beim Rest blockieren Eigentümer die Verwendung. Oftmals wohnen die Eigentümer noch im Objekt, das aufgrund der früheren jahrhundertelange Verwendung als Familienbetrieb, dem alten Bild des städtischen Bürgertums entspricht.

Schaffen von Wohnraum: ein Plus von 15 neue Wohnungen

Nach seiner Pensionierung vor rund  20 Jahren wohnte hier nur der ehemalige Eigentümer allein. Nach der Sanierung bieten 15 Wohnungen in unterschiedlicher Größe die Erfüllung verschiedenster Bedürfnisse. Die Wohnungen können nur einzeln von Privatpersonen gekauft werden, um Immobilienspekulationen zu verhindern.

Sparen von Boden für Wohnungen und Parkplätze: 0 m2 neue Versiegelung

Die Gebäudestruktur erlaubte eine völlige Sanierung ohne Vergrößerung der Flächen. Auch konnte die erste Traismaurer Tiefgarage untergebracht werden und so den Platz für 15 PKW-Abstellplätze in Freien einsparen. Dadurch konnten zusätzlich rund 300 m2 an versiegelten Flächen verhindert werden, stattdessen entstand ein begrünter Innenhof, zudem 13 Wohnungen direkten Einblick haben und damit gartenruhe inmitten der Stadt genießen.

Sparen von CO2-Emissionen durch Energiewende: 14 to CO2-Äquiv./a

Der Umstieg auf erneuerbare Wärme und Erzeugung von PV-Strom am Dach führt zu einer jährlichen Verwendung von rund 20 MWh Wärme aus dem Biomasseheizwerk von Traismauer. Dazu erzeugt die hauseigene PV-Anlage rund 29.000 kWh, von denen durch die GEA und den eigenen 10 kWh-Speicher ein Großteil im Gebäude genutzt werden kann.

Mehr Platz und Personal für die KEM-Aktivitäten

Das Erdgeschoß – das ehemalige Geschäftslokal – wurde in ein barrierefreies Büro mit Besprechungsraum/Kundenraum umgebaut. Damit hat die KEM nun anstelle eines 2-Personen-Büros insgesamt 7 Arbeitsplätze und ein modernes Büro mit eigenem Server, Kopierer und Aufenthaltsraum.

Das sogenannte KEM-BürgerService verfügt durch die großflächigen Fenster über eine neue Transparenz zur Bevölkerung. Dank einer Klimaresilienz-Förderung ist das Büro auch als KLAR-Krisenzentrum einsetzbar.

Projektablauf

Projektentwickler ist Ing. Heinz Mölzer; als Fachmann und Nachbar ist er sowohl in der lokalen Wirtschaft als auch im KEM-Netzwerk seit Jahren ein wichtiger Akteur und Impulsgeber. Gemeinsam mit der KEM arbeitet er in der Vergangenheit an Überlegungen zur Leerstandsmobilisierung und Impulsen für die regionale Wirtschaft.

Er organisierte Termine mit verschiedenen Bauexperten und Architekten, welche in der Lage waren mit der bestehenden Bausubstanz sinnvolle Lösungsansätze auszuarbeiten.

Meilensteine:

  • Erste Überlegungen zum Projekt: ab 2012
  • Konkretisierung der Planung und Kauf des Objektes: 2021
  • Baubeginn: 2022
  • Beginn des Verkaufs von Wohnungen: 2022
  • Fertigstellung der Sanierung: 2023
  • Einzug ins KEM-BürgerService mit 1.4.2023
Angabe / Abschätzung der Kosten in EUR

Die Gesamtinvestition liegt bei einem Nettoauftragswert von rund 3 Mio. €.

Nachweisbare CO2 Einsparungen in Tonnen

A - Umstieg von Erdgas auf Biomasse in 15 Wohnungen und 1 Büro (1.100 m2): 1.100*0,44*15= 7,26 to CO2-Äq./a
(Rechnung =  Fläche*HWB*CO2-Erdgas)… (Fläche: 1.100 m2; HWB = 15 kWh/m2*a; CO2-Erdgas: 440 g/kWh)

B - Produktion von PV-Strom: 26*1.150*0,23=6,67 to CO2-Äq./a
(Rechnung = Leistung*Volllaststunden* CO2-StromNetz) ….(Leistung: 26 kWp; VlStd: 1.115 h/a; CO2-StromNetz: 230 g/kWh)

 THG-Einsparung in Tonnen – GESAMT: 13,93 to CO2-Äq./a

Projekterfolge (Auszeichungen) / Rückschläge in der Umsetzung

Bisher wurde das Projekt noch zu keinem Award eingereicht.

Das Projekt hat eine Webseite und es wird regelmäßig beworben, schon deswegen, damit sich Menschen für die Wohnungen interessieren. Auch die KEM bewirbt ihre Tätigkeit deutlich besser durch das neue Büro.

Herausforderung: skeptische Bevölkerung

In der Bevölkerung gab es eine große Skepsis, ob sich Menschen finden würden, die sich eine 2-Zimmer-Wohnung kaufen. In der Gesellschaft gilt - trotz des Wissens über die Klimaveränderung und den Ressourcenverbrauch - noch immer  der private Hausbau mehr als Wohnungseigentum. Zudem gilt „je größer desto besser“.

Gerade aufgrund dieser Herausforderung braucht es aber ein Vorbild-Projekt wie dieses!

Herausforderung: unzufriedene Kaufleute

Durch die Innenstadtlage sind benachbarte Handelsbetriebe besonders sensibilisiert, wenn es um Baustelle geht. Kaufleute unterstellen hier sofort einen eigenen Geschäftsentgang und wirtschaftlichen Schaden während der Bauphase. Wenn dann noch in der Bevölkerung Verwunderung herrscht „wer denn da einziehen soll“, dann entsteht schon großer Gesprächsbedarf. Lokal verankerte Kaufleute  hadern mit dem Standort und der wirtschaftlichen Situation, wenn es Leerstand gibt, wenn es Baustelle gibt und wenn es konkurrenzierende Geschäfte, sowie unpassende Nachbarn gibt.

Herausforderung: Covid, steigende Preise, hohe Inflation

Die Finalisierung der Umsetzung fiel in die Corona-Pandemie und zudem stiegen zwischen Baubeginn und Fertigstellung die Kosten. Hohe Energiekosten und boomende Wirtschaft führten zu einer Inflation, wie sie in Europa seit rund 40 Jahre nicht mehr existierte. Es gelang während der Sanierung die Baufirma Traunfellner in das Projekt zu integrieren. Diese Firma stellte das Projekt in Kooperation mit den Initiatoren fertig ohne eigene Bedingungen aufzustellen. Die Baufirma ist somit ein vertrauensvoller Partner und war am Ende die Gewährleistung, dass das Projekt genau wie geplant umgesetzt wurde und man sich die Zeit nehmen konnte, um die Wohnungen entsprechend zu verkaufen bzw. zu vermieten.

Herausforderung: hohe Bürokratie und Denkmalschutz

In der Innenstadt von Traismauer gibt es einen Bodendenkmalschutz. Wer dort graben möchte, der muss die unter Aufsicht von Archäologen machen  und die Grabungsarbeiten generell händisch und nicht maschinell durchführen. Die Kosten für die Archäologen, sowie die höheren Kosten für das Schaufeln bzw. Auswerten muss der Bauherr selbst tragen. Hier war der gesamte Innenhof davon betroffen, um die Abfahrt für die Tiefgarage zu errichten bzw. alte Lagerhallen im Innenhof abzureißen.

Solche Kosten sind durchaus beträchtlich und können weit über 100.000 oder 200.000 € erreichen. Zudem führt es zu einer außergewöhnlich langen  Bauzeitverlängerung, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft eben nicht wohlwollend aufgenommen wird. Denkmalamt und Behörden agieren in der Regel nach Vorschrift und mit wenig Toleranzen.

So wurde seitens der Baubehörde für die Errichtung der uneinsehbaren PV-Anlage ein Ortsbildgutachten verlangt, obwohl am Nachbargebäude mit Schrägdach eine PV-Anlage weithin sichtbar ist.

Nachhaltige Perspektiven

Besonders gut ist, dass es der KEM nun gelungen ist innerhalb von 10 Jahren 2 wichtige Gebäude in der Innenstadt einer neuen Nutzung zuzuführen und in beiden Fällen gute Partner zur Umsetzung gefunden wurden. Schon gibt es 2 weitere Gebäude in Traismauer, welche nun eigene spezifische Nutzungskonzepte brauchen.

Wir wissen nun über die Zeiträume und die Abläufe. Zudem hat man das Selbstverständnis, dass man diese Herausforderungen meistern kann.

Aus Sicht der KEM sehen wir uns bestätigt, dass die KEMs umsetzungsorientierter agieren müssen und nicht in bewusstseinsbildenden Prozessen verharren dürfen. Wenn jedoch KEMs umsetzungsorientiert agieren, dann tun sie das eben auf Gemeindeebene und nicht auf Regionsebene. Damit wirken sie auch besser in der aktuellen Transformationskrise.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist das neue KEM-Büro mit seiner offenen und barrierefreien Art, jederzeit einsehbar von der Bevölkerung, die dem KEM-Team immer bei der Arbeit zusehen kann.

Links

Modellregions-Manager

DI Simader Alexander

     43-676-5295276
     office@kem-zentrum.at

Ort
Traismauer

"Unsere 2. Leerstandsmobilisierung zeigt, dass solche Projekte einen langen Atem brauchen. Das neue Wohnhaus war für den Großteil der Bevölkerung gewöhnungsbedürftig. Knapper Wohnraum als Eigentum ist am Land noch nicht verständlich. Der Erfolg des Projektes zeigt aber den Wandel. Der Projektentwickler, mit der KEM gut vernetzt und in ständigem Austausch, schuf hier ein für Traismauer innovatives wie Barrierefreiheit oder Tiefgarage. Als KEM sind wir sehr dankbar, dass wir unseren Teil betragen durften und heute das gesamte Erdgeschoß besitzen. Damit sind wir als KEM-BürgerService erstmals richtig präsent."