Die Holzwelt Murau ist das erste KEM-Büro in Österreich, das seine Stromversorgung das ganze Jahr über sicherstellen kann. Selbst bei einem Black-out ist das Büro – wie eine Insel – stromautark. Das zukunftsweisende Energie-System wurde von der KEM initiiert und von der regionalen Energiegenossenschaft Murauer GreenPower, ebenfalls von der KEM Holzwelt Murau initi-iert, umgesetzt.
Mit einer 15 kWpeak PV-Anlage am Dach des Holzweltbüros wird aus Sonnenkraft Strom produziert. Gerade benötigter Strom wird sofort verbraucht – Überschuss-Strom wird zu einer Wasserstoff-Energiezelle, welche vor dem Büro im Außenbereich posi-tioniert ist, geleitet. Die Wasserstoff-Energiezelle verfügt über mehrere Komponenten: Eine Batterie dient für die kurzfristige Speicherung und vor allem für den Tag-Nacht Ausgleich. Wenn die Batterie vollgeladen ist, wird mit Hilfe einer Elektrolyseein-heit Wasserstoff erzeugt und in einem Druckgasbehälter gespeichert. Umgekehrt wird im Falle von Schwachlast zuerst die Bat-terie entleert und erst dann mit Hilfe einer Brennstoffzelle Wasserstoff rückverstromt. Mit diesem System können sehr große Energiemengen bis zu 1.500 kWh in Form von Wasserstoff gespeichert werden. Erstmals kann auf Gebäudeebene gezeigt wer-den, wie erneuerbare Überschuss-Energie aus dem Sommerhalbjahr saisonal in das Winterhalbjahr transferiert werden kann.
PV-Anlagen liefern uns nur bei Tageslicht Strom, dabei hängt die Leistung sehr stark von der Strahlungsintensität ab. Auch mit der Integration von Batteriespeichern kann eine durchgehende Verfügbarkeit von selbst produziertem Strom nicht gewährleistet werden, da eine ausreichende Kapazität der Batterie nicht finanzierbar wäre. Mit dem Pilotprojekt Wasserstoff-Energiezelle wird das Ziel verfolgt, auf Gebäudeebene zu zeigen, dass mit Sonnenstrom 365 Tage / 24 Stunden Strom bedarfsgerecht bereit-gestellt werden kann.
Inneralpine Regionen, wie es die Holzwelt Murau ist, sind geprägt von hohen erneuerbaren Potentialen. Durch den ständigen Ausbau gelangen die Stromnetze an ihre Grenzen und es kann Energie nicht mehr im geforderten Maße abtransportiert werden. Der Zubau muss also von leistungsfähigen und zuverlässigen Speichermöglichkeiten begleitet werden. Hier bietet sich der Wasserstoff an, weil dieser mit hoher Energiedichte auf kleinem Platz in Gasdruckbehältern gespeichert werden kann und zusätzliche Speicherkapazität eigentlich nur mehr aus zusätzlichen Gasdruckbehältern besteht.
Mit der Implementierung einer Wasserstoff-Energiezelle kann eine dauerhafte Netzentlastung demonstriert werden. Eine Ziel-setzung dabei ist durch Monitoring Netzentlastungspotenziale zu erheben. Langfristig sollen diese Potenziale durch Schwarmspeicherlösungen skalierbar gemacht werden.
Es erfolgte eine Recherche zu Speichersystemen, die geeignet sind, große Mengen an Energie saisonal zu speichern. Die österreichische Firma Elements Energy GmbH hat dazu ein System entwickelt, welches die Vorteile der Batterietechnik (sehr effizient für die kurzfristige Speicherung von Strom) mit den Vorteilen der Wasserstofftechnologie (Speicherung von großen Energiemengen für längere Zeit) verbindet.
Darauf aufbauend wurde gemeinsam mit der KEM Holzwelt Murau, der neu gegründeten Energiegenossenschaft Murauer GreenPower und dem Hersteller Elements Energy GmbH das Pilotprojekt entwickelt. Als ersten Schritt wurde der Bedarf an Strommenge und Stromleistung zur 100-prozentigen Versorgung des Büros ermittelt und im zweiten Schritt eine Jahressimulation durchgeführt. Im Dritten Schritt erfolgte die Auslegung der Wasserstoff-Energiezelle hinsichtlich Batteriespeicherkapazität und Wasserstoffspeicherkapazität.
Als Investor wurde die Bürgerbeteiligungsgenossenschaft Murauer GreenPower definiert, welche sich (auch) zum Ziel setzt einen Teil ihrer finanziellen Mittel in innovative erneuerbare Energieprojekte zu investieren. Die KEM Holzwelt Murau begleitete das Projekt von der strategischen Entwicklung und Entscheidung über die Umsetzung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit und des Monitorings. Die KEM fungiert dabei als Multiplikator innerhalb und außerhalb der Region, um die Projektergebnisse zu disseminieren und damit für die breite Gesellschaft nutzbar zu machen.
Die Projektsteuerung wurde aus der KEM heraus umgesetzt. Die notwendigen Investitionen für die 15 kWp PV-Anlage, die Wasserstoff-Energiezelle und die darin enthaltene 9,6 kWh Batterie wurden von der Murauer GreenPower eGen getätigt, wobei das Pilotprojekt von öffentlichen Stellen unterstützt wurde: 15 kWp PV-Anlage – Klima- und Energiefonds, KEM Invest; 9,6 kWh Batterie – Klima- und Energiefonds, KEM Invest; Wasserstoffenergiezelle – Mittel aus dem Steiermärkischen Landes- und Regionalentwicklungsgesetz. In Summe wurden € 100.000 in das Gesamtprojekt investiert.
Die Pilotanlage dient der KEM Holzwelt Murau als Demonstrationsprojekt, mit welchem Erfahrungen für den Einsatz dieser neuen Technologie gewonnen werden. Dies geschieht auch in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Elements Energy GmbH, sodass immer wieder Revisionen und Verbesserungen durchgeführt werden.
Die nachweisbaren THG Einsparungen können noch nicht genau definiert werden, da sich die Pilotanlage im Versuchsstadium befindet.
Ein Erfolgsfaktor für die Regionalentwicklung und jeder Klima- und Energiemodellregion ist die Umsetzung von greifbaren Projekten, die langfristig Bestand haben.
Mit dem Pilotprojekt Wasserstoff-Energiezelle zur 100% Stromversorgung des Büros der KEM Holzwelt Murau ist es gelungen, ein innovatives Projekt als weiteren Mosaikstein für ein zukünftiges erneuerbares Energiesystem in die Realität umzusetzen. Die KEM Holzwelt Murau profitierte dabei auch von der voran gegangenen Umsetzung von drei Projekten/Maßnahmen: Die Grün-dung der Energiegenossenschaft Murauer GreenPower als Bürgerbeteiligungsgesellschaft, die Durchführung des Leitprojektes „Der 5-stufige virtuelle Murauer Bezirksspeicher“ sowie der Studie „H2 Region Murau“. Aufbauend auf diese Maßnahmen konnte nun erstmals eine Wasserstoff-Anwendung und generell das Thema Wasserstoff in der Region verankert werden.
Im Zuge der Eröffnung der Wasserstoff-Energiezelle Johann konnte die Holzwelt Murau viele Menschen innerhalb und außerhalb der Region erreichen und mehrere Zielsetzungen unserer Öffentlichkeitsarbeit kommunizieren: Erneuerbare Energie kann tat-sächlich fossile Energieträger ersetzen; Erneuerbare Energie ist interessant und schafft Arbeitsplätze; Die Menschen als Teil der Energiewende können sich bei diesen innovativen Projekten und Anlagen direkt beteiligen und somit dabei sein.
Langfristige Perspektiven:
Das Pilotprojekt Wasserstoff-Energiezelle Johann dient der KEM-Region als Einstieg in eine zukünftige Wasserstoffwirtschaft. Damit entstehen erste Erfahrungen mit der Technologie und durch Monitoring können praxistaugliche Daten für zukünftige An-wendungen generiert werden. Langfristiges Ziel ist die Skalierung dieser dezentral einsetzbaren Wasserstoff-Technologie, um auf idealen PV-Standorten, welche oftmals in schwach ausgebauten Netzabschnitten liegen, Energie zu produzieren und saisonal zu speichern. Durch die Digitalisierung können diese Anlagen im Schwarm eingesetzt werden und so Energie bedarfsgerecht bereitstellen – und zwar zu Zeiten, in denen die Erneuerbaren nur in geringem Maße vorhanden sind. So wird es möglich im Winter und bei Dunkelflaute erneuerbare Energie zuverlässig ins Netz einzuspeisen und damit fossile Energieträger einzusparen.
Anregungen:
Um derartige Projekte umsetzen zu können, sollten ergänzende Fördermöglichkeiten geprüft werden. Gerade neue und innovative Technologien haben auch Herausforderungen wie Ausfälle und außerplanmäßige Revisionen, welche die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen.
"Rein technisch ist die Energiewende jetzt schon möglich. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse liefern uns insgesamt ein Vielfaches Mehr an Energie als die Menschheit quer über alle Sektoren benötigt. Es geht also um die Frage, wie wir möglichst schnell unsere erneuerbaren Energiequellen erschließen, speichern und bedarfsgerecht nutzbar machen. Mit der Wasserstoff-Energiezelle „Johann“ wollen wir erstmals beweisen, dass eine saisonale Energiespeicherung auf Gebäudeebene möglich und für das Gesamt-Energiesystem sinnvoll ist. Nur jene Kilowattstunden, die wir auch in Schwachlastzeiten (Winter) bereitstellen können, delegitimieren fossile und atomare Energieträger und beschneiden damit deren Daseinsberechtigung."