Mit einem elektrisch betriebenen Gemeindemobil, das mit freiwilligen FahrerInnen bedient wird, kann die letzte Meile innerhalb der Gemeindegrenzen geschlossen werden. Das neue Mobilitätsangebot, das alle BewohnerInnen innerhalb der Gemeinde von Haustüre zu Haustüre bringt, ergänzt den schlecht ausgebauten öffentlichen Verkehr und verbessert das Mobilitätsangebot in den peripheren Tälern deutlich. Damit die Auslastung des e-Autos erhöht wird, ist das Auto zusätzlich für den Service "Essen auf Rädern" im Einsatz und steht an Tagesrandzeiten und am Wochenende als klassisches e-Carsharing bereit (alles aus einer Hand).
Messbare Ziele wurden in erster Linie durch die Nutzung der GemeindebürgerInnen festgelegt. Das Service ist auch vorrangig „feeder service“ für den Öffentlichen Verkehr im Einsatz und schießt die letzte Meile. Dadurch kommt es zu einer Stärkung des öffentlichen Verkehrs, weil der Anschluss von bzw. zur Haltestelle gewährleistet wird (Stichwort Zersiedelung).
Erfolgsfaktoren: Zahl der NutzerInnen pro Jahr, jährliche Gesamtkilometer, Besetzungsgrad der Fahrzeuge
In St. Jakob im Defereggental sind ca. 3000 NutzerInnen seit Oktober 2017 gezählt. In Prägraten sind seit Start des Angebots im Juli 2019 bereits 300 Fahrten in Anspruch genommen worden. Tendenz steigend. Zusätzlich ist der Erfolg durch die tägliche Einsparung von privat PKWs, z.B. auch für den Service „Essen auf Rädern“ zu berücksichtigen (ca. 55 km pro Woche), die fortan elektrisch zurückgelegt werden.
Laut einer Berechnung des Klimafonds kann auch der jährliche CO2-Ausstoß je Gemeinde reduziert werden.
In der Gemeinde St. Jakob wurde der Start zur Projektentwicklung im Jänner 2017 gelegt. Erste Ansprechpartner waren der Bürgermeister und der Gemeinderat, das örtliches Taxiunternehmen, E-Carsharingbetreiber und der Sozialsprengel. Eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe erarbeitete die Rahmenbedingungen für das Angebot. Durch einen breit angelegten Bürgerbeteiligungsprozess wurden die Bevölkerung miteinbezogen und so auch die freiwilligen FahrerInnen angesprochen. Weitere Erarbeitung der Nutzerbedingungen für das Gemeindemobil durch die freiwilligen FahrerInnen. Das Projekt konnte im Oktober 2017 gestartet werden. Verstärkte Bewerbung am Anfang (Gewinnspiele, Gemeindezeitungsartikel, laufende Bewerbung) brachten NutzerInnen. Mittlerweile ist das e-defmobil 2.0 nicht mehr wegzudenken.
In der Gemeinde Prägraten wurde nach dem gleichen Entwicklungsschritten vorgegangen wie in St. Jakob. Projektbeginn mit einem Bürgerinformationsabend fand im Herbst 2018 statt. Die Nutzerbedingungen wurden mit den ersten freiwilligen FahrerInnen ausgearbeitet. Nach regelmäßiger Information and die BürgerInnen über die Gemeindezeitung konnte das Projekt im Juli 2019 gestartet werden.
Die multifunktionalen Gemeindemobile sind für die langfristige Nutzung angedacht.
Gemeinde St. Jakob: Träger ist der Verein „Defereggen mobil“, der aus drei Gemeinden im Defereggental besteht; dieser wird aus den Gemeindemitteln gespeist. Förderung durch Mittel aus klimaaktivmobil; jährliches Budget ca. 7.500 € (monatliche Miete für das Fahrzeug, Buchhaltung, Stromkosten, E-Ladeinfrastruktur, Bewerbung, Aufwände für die freiwilligen FahrerInnen)
Gemeinde Prägraten: Träger ist die Gemeinde, gefördert durch Bund (Förderausschreibung der SCHIG im ersten Jahr ca. 50% der jährlichen Gesamtkosten) und Land Tirol (für die Etablierung des Carsharings in ländlichen Gemeinden); jährliches Budget ca. 12.000 (monatliche Miete für das Fahrzeug, Stromkosten, E-Ladeinfrastruktur, Bewerbung, Buchhaltung, Aufwände für die freiwilligen FahrerInnen)
Mobilität im ländlichen Raum grundsätzlich kostspielig und erzielt keine Gewinne für die Gemeinden. Das Mobilitätsangebot wird als Serviceleistung für die BürgerInnen angeboten. Fahrgasteinnahmen sind gering (€ 1,-/Fahrt/Person).
Die Änderung der Verkehrsmittelwahl auf das E-Fahrzeug bewirkt zusätzlich eine Verringerung der individuellen PKW-Fahrten. Es wird angenommen, dass pro Jahr ca. 900 individuelle Einzelfahrten mit dem Gemeindemobil abgedeckt werden können. Das jährliche Einsparungspotential an CO2-Emissionen wird aufgrund der Bedienung durch das E-Auto auf 5 Tonnen/Jahr, 15,6 kg/Jahr NOx und 20 MWh geschätzt (Referenzwerte wurden durch ein ähnliches Projekt von drei Gemeinden in benachbarten Defereggental angenommen, Berechnungen durch Herry Consult GmbH über klimaaktivmobil, 2017).
Die Projekte wurden mit Bürger gemeinsam entwickelt. Es wurde das e-defmobil 2.0 beim VCÖ Mobilitätspreis eingereicht (keine Auszeichnung); jährliche Auszeichnung mit den Mobilitätssternen „Tirol mobil“ bei beiden Gemeinden (inkl. Erhöhung der Sterne durch die Umsetzung des Projektes).
Bewerbung durch Gemeindezeitungen, Homepages und regionale Medien; Testtage für das e-Carsharing oder Gutscheine für die Nutzung des Gemeindemobils sind Erfolgsfaktoren, um die Hemmschwellen abzubauen. Die Gemeindemobile werden sehr stark nachgefragt (Anlaufzeit von ca. einem halben Jahr wird benötigt, bis die Gemeindemobile vollständig etabliert sind). Der Service ist daher fixer Bestandteil in der Gemeinde.
Die Beteiligung der Bürger erhöht die Akzeptanz der Nutzung (die Nutzerbedingungen wurde individuell auf die Gemeinde zugeschnitten); Auch die mündliche Bewerbung durch MultiplikatorInnen bringt neue Nutzer und wird als essentiell erachtet (Bürgermeister, Personen, die einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft haben).
Personen ohne eigenes Auto können wieder selbstbestimmt mobil sein und sind nicht auf andere Personen angewiesen; unter den freiwilligen FahrerInnen entsteht eine Dynamik, neue Aufgabenbereiche ergeben sich für die Freiwilligen und motiviert vor allem ältere Personen, sich in der Gesellschaft wieder einzugliedern. Die Akzeptanz für E-Mobilität im alpinen Raum erhöht sich, weil GemeindebürgerInnen das E-Auto erleben können (auch durch Carsharing), private E-Auto Käufe sind die Folge. Die erfolgreichen Beispiele haben veranlasst, dass weitere Gemeindemobile in Osttirol entstanden sind. Mit dem Angebot des e-Carsharing steigt auch die Motivation für junge Leute, das e-Auto als Alternative zum Zweit- oder Drittauto zu nutzen (va. für Führerscheinneulinge oder Studenten, die nur am Wochenende zu Hause sind). Von einer Projektentwicklung im stillen Kämmerchen ist abzuraten (etwa allein durch Bürgermeister). Das Projekt lebt von den Freiwilligen FahrerInnen.
Virger Mobil: www.virgen.at/energie-umwelt/virgen-mobil/das-virger-mobil
Assling Mobil: www.assling.at/buergerservice-52308/assling-mobil.html
Ausbildung
Berufserfahrung
Es ist toll zu sehen, wie viel Engagement eine Gemeinde zeigt, um den BewohnerInnen mehr Mobilität zu bieten. Menschen ohne eigenes Auto sind wieder mobil und zusätzlich sind die Gemeindemobile ein wichtiger sozialer „Kit“, der die BürgerInnen zusammenwachsen lässt und gleichzeitig werden individuelle PKW-Fahrten reduziert.