15 Jahre KEMs, Teil 1. Als der Klima- und Energiefonds im Jahr 2009 sein Konzept für die Klima- und Energie-Modellregionen präsentierte, stieß es zunächst auf Skepsis. Dass das aus öffentlichen Mitteln finanzierte Programm dennoch von Bedeutung ist, beweisen die mittlerweile 126 KEMs in ganz Österreich, die in 1.157 Gemeinden Klimaschutzprojekte umsetzen und damit eine große Wirkung entfalten.
„Bottom-up“ lautet die Grundidee. Durch die hohe Diversität österreichischer Regionen hinsichtlich ihrer Potenziale, Herausforderungen und Hürden kann die Klimakrise nur schwierig über einen einheitlichen Top-down-Ansatz gelöst werden. Klimaschutzmaßnahmen sollen daher in den Regionen vor Ort entwickelt und umgesetzt werden.
Who cares? Damit aber tatsächlich etwas geschieht, benötigt es Personen, die sich darum kümmern – die Modellregionsmanager:innen (MRM) oder KEM-Manager:innen. Diese koordinieren alle Agenden der KEM vor Ort und sind zentraler Dreh- und Angelpunkt für Klimaschutz in den Modellregionen. Neben der Initiierung und dem Management von Projekten und der aktiven Öffentlichkeitsarbeit sind Vernetzungsaktivitäten mit lokalen Entscheidungsträger:innen, der regionalen Wirtschaft und Bevölkerung sowie die Vernetzung und der Austausch mit anderen Modellregionen und bestehenden regionalen Strukturen (z.B. e5, LEADER), dem Bundesland, dem Klima- und Energiefonds sowie dem BMK wesentliche Aufgaben.
Modellregionsmanager:innen benötigen spezifisches Know-how im Energie- und Mobilitätsbereich, sollten Erfahrung mit Projekt- oder Regionalmanagement und PR mitbringen. Sie brauchen Einfühlungsvermögen, Überzeugungskraft, Geduld und Hartnäckigkeit, aber auch diplomatisches Geschick, um den Weg zur Klimaneutralität erfolgreich zu ebnen. Sie müssen bei einschlägigen Förderungen stets auf dem Laufenden bleiben und dürfen sich nicht vor Papierkram scheuen. „Berufsbild Wunderwuzzi“, scherzte Sabine Pommer, die KEM-Manager:in des Jahres 2017, einmal.
Damals wie heute lautet der Deal: Die KEM-Manager:innen konzeptionieren in Zusammenarbeit mit den Gemeinden mindestens zehn Klimaschutzmaßnahmen für eine neue KEM oder mindestens sechs für Weiterführungen. Werden diese von der externen Fachjury als ambitioniert genug beurteilt, wird die KEM für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen finanziell unterstützt.
Breitenwirkung. „Schon sehr bald sind in den KEMs Projekte entstanden, die vielfach Nachahmung gefunden haben – vom Solaranlagencheck und Heizungspumpentausch über E-Carsharing, Reparaturcafé und PV-Ausbau mit Bürgerbeteiligung bis hin zu Energiegemeinschaften und Projekten, die Menschen selbst erfahren und ausprobieren lassen, wie Klimaschutz im Alltag funktionieren kann“, erklärt Programm-Managerin Miriam Schönbrunn vom Klima- und Energiefonds. „Ich möchte mich daher bei den heutigen und ehemaligen KEM-Manager:innen und ihren Mitstreiter:innen in den Gemeinden für ihr großes Engagement bedanken und wünsche den aktiven KEMs viel Energie für die anstehenden Projekte.“
Das angesprochene Ausprobieren und Erleben ist ein entscheidender Faktor für Verhaltensänderungen – und zwischen Klimabewusstsein und Verhalten klafft bei den meisten Menschen eine große Lücke. Aber wer selbst erlebt, dass Verhaltensalternativen Spaß machen und der Gesundheit dienen (wie Rad oder E-Bike fahren) oder schmecken (etwa mit saisonalem und regionalem Gemüse kochen) und vielleicht auch noch Geld sparen (zum Beispiel die Energieeffizienz im Haushalt steigern), dann bleibt schon etwas hängen. Monika Forster ermöglichte mit dem Projekt Paris–Vorderwald all das und mehr für 64 Menschen in ihrer Region – und erlangte damit bei der Wahl zu KEM-Manager:in und KEM-Projekt des Jahres 2020 doppelten Erfolg. Ihr Verhaltensexperiment diente als Vorbild für Nachahmungen in weiteren KEMs.
Aktuell arbeiten 126 aktive KEMs in 1.157 Gemeinden mit 3,43 Millionen Einwohner:innen an der Umsetzung ihrer Projekte. Oder anders formuliert: Halb Österreich ist heute Teil einer KEM, bezüglich der Gemeindeanzahl und – wenn man Wien herausrechnet – auch bezüglich der Einwohner:innen.
Projekte, Projekte, Projekte. Die KEMs setzten bisher rund 7.000 Klimaschutzmaßnahmen um. Allein über die KEM-Investitionsförderung (kurz: KEM-Invest) entstanden bis Ende 2023 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 71,2 MWp. Nicht eingerechnet sind dabei jene PV-Anlagen, die über andere Wege finanziert oder durch Information und Beratung der KEMs initiiert wurden.
Ein wichtiger Bestandteil in den meisten KEMs ist auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. So wurden bislang 195 Klimaschulenprojekte in 713 Schulen bewilligt, 154 Projekte sind bereits abgeschlossen.
Investitionen in KEMs. Insgesamt förderte der Klima- und Energiefonds die KEMs mit rund 91 Millionen Euro (Stand: Ende 2023). Mehr als 29 Millionen Euro wurden von 2011 bis 2023 über KEM-Invest an 2.543 Projekte ausgeschüttet. Der Löwenanteil floss in den Photovoltaikausbau:
Die Klimaschulen wurden von 2012 bis 2023 mit insgesamt 4,2 Millionen Euro unterstützt.
KEMs und ihre Gemeinden nutzen aber auch andere Förderungen von Bund, Land und EU und erschließen mitunter für ihre jeweiligen Projekte weitere Geldquellen.
KEM-Community. Nicht zuletzt dank der dreimal jährlich stattfindenden Schulungs- und Vernetzungstreffen entwickelte sich bald ein reger Austausch unter den KEM-Manager:innen. Oft werden Projekte auch von zwei oder mehr KEMs gemeinsam umgesetzt – in Kärnten manchmal fast bundeslandweit (vgl. KEM Kärnten). Seit 2020 bekommen KEM-Manager:innen – seit heuer auch Manager:innen von KLAR! (Klimawandel-Anpassungsmodellregionen) – Unterstützung über den Verein der Klima-Modellregionen Österreich, auch Klima-Plattform genannt. KEM-Manager:innen erhalten ein vertiefendes Informationsangebot zu Schwerpunktthemen, Vorlagen und Bausteine zur Öffentlichkeitsarbeit, Dos & Don'ts bei der Förderabwicklung und einiges mehr. Weiters möchte der Verein die Zusammenarbeit mit dem Klima- und Energiefonds und dem BMK vertiefen sowie österreichweit abgestimmte Aktionen und Projekte durchführen.
Die aktuelle Ausschreibung des KEM-Programms läuft noch bis 25. Oktober 2024, 12 Uhr. Der aktuelle Beitrag hingegen endet hier mit Highlights aus den vergangenen 15 Jahren. In Teil 2 (im Oktober-Newsletter) kommen die KEM-Manager:innen selbst zu Wort.
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2009: Der Klima- und Energiefonds schreibt erstmals das Programm „Klima- und Energie-Modellregionen“ aus. 16 Regionen erhalten eine Genehmigung.
2010: Die ersten KEMs treten die Konzeptphase an, allererste KEM-Projekte starten.
2011: Über KEM-Invest erhalten KEMs nun eine gute Förderung für PV- und Kesseltausch-Projekte im Bereich der öffentlichen Gebäude und Schulen.
2013: Die ersten Klimaschulenprojekte starten, die ersten KEM-Leitprojekte mit besonderem Potenzial für Nachahmung werden ausgeschrieben, der erste KEM-Newsletter erscheint.
2014: Mit der Ausschreibung 2014 wird KEM-QM, das Qualitätsmanagement, eingeführt. Seither wird jede KEM von qualifizierten Berater:innen auditiert und unterstützt.
2015: Erstmals werden KEM-Manager:innen und das Projekt des Jahres gekürt. Gerfried Koch wird als erster ausgezeichnet. In den Jahren darauf folgen Markus Altenhofer, Sabine Watzlik, Alexander Simader, Simon Klambauer, Monika Forster, Daniela Schelch, Matthias Zawichowski, Christian Hummelbrunner und Margit Krobath.
Gleichzeitig wurden erstmals auch KEM-Projekte des Jahres ausgezeichnet. 2015 war es das Humusaufbauprojekt der Ökoregion Kaindorf.
2018: Die ersten KEM-Schwerpunktregionen werden ausgeschrieben und vergeben. Das Thema lautet Tourismus. Nassfeld-Lesachtal-Weissensee und Zell am See-Kaprun erhalten jeweils eine Million Euro Förderung.
2019: Im Leitprojekt Giro to Zero besuchen Simon Klambauer und Herwig Kolar alle österreichischen KEMs mit zwei E-Lastenrädern. Alle Medien, vom kleinen Lokalblatt bis zum ORF, berichten. Und am Ende wurden sie samt Lastenbike von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg empfangen.
2020: Das Steirische Vulkanland stößt als Schwerpunktregion Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft zur KEM-Community dazu.
2022: Der „Verein der Klima- und Energie-Modellregionen Österreich“ (auch KEM-Plattform genannt) wird gegründet, um die gemeinsamen Interessen zu vertreten, die KEM-Manager:innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen und österreichweite Projekte ins Leben zu rufen.
2024: Die KEM-Plattform wird zur Klima-Plattform und weitet ihre Tätigkeit auf die KLAR!s aus. Die Arbeitsliste wird länger, doch der Name verkürzt sich auf „Verein der Klima-Modellregionen Österreich“.
Eisenstadt und Umgebung werden zur Schwerpunktregion „Raus aus Öl und Gas“ gekürt.
Weitere Informationen:
Klima- und Energie-Modellregionen