Wärmewende – „eine Herkulesaufgabe“

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Drei österreichische Regionen sind noch im Rennen um die Schwerpunkt-KEM „Raus aus Öl und Gas“: Eisenstadt und Umgebung, regio3 (Pillerseetal und Leukental) und Vöckla-Ager. Bis Ende März legen sie dem Klima- und Energiefonds detaillierte Maßnahmenpakete vor.

Ziel der Ausschreibung aus dem Jahr 2022 ist es, „in einer österreichischen Region Gas- und Ölheizungen aus dem Wärmesektor zu eliminieren und durch klimafreundliche Alternativen [...] zu substituieren. Verfügbare Abwärme soll optimal genutzt, der Energieverbrauch reduziert und fossile Energieträger durch erneuerbare Energieformen ersetzt werden“.

Dazu soll die Schwerpunkt-Region „Raus aus Öl und Gas“ – analog zu den „normalen“ Klima- und Energie-Modellregionen – innerhalb von drei Jahren mindestens zehn Maßnahmen umsetzen. Klar ist, dass dies kein Zuckerlecken wird, denn die Herausforderung Wärmewende ist höchst komplex – es geht um politische und wirtschaftliche Entscheidungen, um hohe Investitionssummen und Projekte, die nur im Zusammenspiel mehrerer Stakeholder:innen gelingen können. Letztlich berührt die Wärmewende alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche: Industrie, Gewerbe, Haushalte, Handel, Landwirtschaft, Tourismus, Energieversorgung, Schulen, Mobilitätsangebote, Wohnbauträger und viele andere.

Vöckla-Ager. „Wir haben in der Region – der KEM Vöckla-Ager und benachbarten Gemeinden* – noch einen hohen Anteil fossiler Energie im Wärmebereich. Aber es gibt in der Region auch viel Industrie und damit große Abwärmepotenziale“, beschreibt Sybille Chiari, Managerin der KEM Vöckla-Ager, die Ausgangslage. Diese Potenziale für den Bau und die Erweiterung von Fernwärmenetzen zu heben, bedarf freilich noch vieler Gespräche mit vielen Stakeholdern. Seit dem Vorjahr läuft auch das Projekt „Heat-Highway Salzkammergut“, das ein Konzept entwirft, wie bestehende Wärmenetze weiter ausgebaut und miteinander verbunden werden können und sollen. Parallel dazu möchte Chiari dezentrale Lösungen entwickeln und die Bevölkerung beim Heizungstausch unterstützen. Das Ziel lautet, bis 2033 95 Prozent aller Haushalte auf erneuerbare Energie umzustellen.

Auch an weiteren Potenzialen mangelt es in der oberösterreichischen Region nicht: Die Tiefengeothermie könnte künftig zur Wärmeversorgung dienen. Weiters bieten sich der Attersee und der Traunsee als Wärmequelle für Anergienetze an. Zudem verfügt die Region über ein besonders großes geologisches Speicherpotenzial, welches beispielsweise zur Einlagerung von Wasserstoff genutzt werden kann, wie das Pilotprojekt „Underground Sun Storage“ der RAG Austria zeigt. „Jetzt müssen wir einen regionalen Spirit aufbauen und an einem Strang ziehen, dann kann die Wärmewende gelingen“, so Chiari.

Eisenstadt und Umgebung. Das „Center for Energy and Environmental Technology“ der Forschung Burgenland GmbH möchte unter der Federführung der ehemaligen KEM-QM-Beraterin Marion Schönfeldinger in „Eisenstadt und Umgebung“** die Wärmewende nicht nur mit den Gemeinden, sondern auch mit intensiver Unterstützung des Landes sowie mit anderen Expert:innen forcieren. „Um erfolgreich zu sein, braucht es die Umsetzung eines perfekten Maßnahmenmix mit einem besonders kooperativen Ansatz“, meint sie. „Ein kurzfristiger Umstieg auf eine fossilfreie Wärmeversorgung erfordert neben technischen Innovationen und regional abgestimmten Versorgungskonzepten vor allem interessante Anreize und ergänzende Angebote für unterschiedliche Zielgruppen in der Region, die eine möglichst breite Öffentlichkeit ansprechen und zum Handeln bewegen.“ Schönfeldinger hebt vor allem drei Punkte hervor.

  • Eine umfangreiche Heizungstausch-Offensive inklusive Unterstützung bei der Förderabwicklung.
  • Die Umsetzung einer Energieraumplanung und die Erhebung einer Realdatengrundlage.
  • Eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit, aufbauend auf einer Analyse der sozialen und gesellschaftlichen Gruppen, um möglichst alle Zielgruppen der KEM zu bedienen.

In den teilnehmenden Gemeinden soll weiters eine zukunftsgerichtete kommunale Energie-Buchhaltung eingeführt werden. Der Ausbau und die Verdichtung von Fernwärmenetzen sind ebenso Thema – und vielleicht wagt sich die Region sogar an eine Erneuerbare Energiegemeinschaft im Wärmebereich heran. „Es wird eine breite Zusammenarbeit mit den Gemeinden, der Wirtschaftskammer, den Installations- und Rauchfangkehrerbetrieben, aber auch mit der Energie Burgenland und dem Energiereferat beim Land Burgenland geben, von denen wir aktuelle Wärmedaten erhalten werden“, erklärt Schönfeldinger. Im Dezember und Jänner fanden bereits zwei Workshops mit den Gemeinden und den Stakeholder:innen statt, die auf großes Interesse stießen. Mitte März folgt ein dritter Workshop zu einem finalen Abgleich der Maßnahmen mit den Gemeinden.

regio3. In Tirol möchten zwölf Gemeinden der Planungsverbände Pillerseetal und Leukental*** Schwerpunktregion werden – oder wie es Projektleiter Andreas Franze von der Regio-Tech GmbH formuliert: „Wir wollen eine Vorzeigeregion werden, die als erste aus Öl und Gas ausgestiegen sein wird.“ Das freilich werde eine „Herkulesaufgabe“. Denn die Raumwärme macht in der Region 41 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus – und etwa 60 Prozent davon stammen aus fossilen Quellen. In manchen Gemeinden dominieren Erdgasheizungen, in Streusiedlungen und Weilern sind Ölheizungen weit verbreitet.

Zuallererst soll für regio3 ein Energieleitplan erstellt werden, der zeigt, welche Alternativen und Optionen lokal zur Verfügung stehen. In St. Johann gibt es bereits ein Fernwärmenetz mit 90 Kilometer Netzlänge, das mehr als zur Hälfte aus industrieller Abwärme, zu einem Drittel aus Biomasse, aber auch noch mit etwa 15 Prozent Erdgas betrieben wird. In einem der Weiler überlegt man, ein Mikronetz mit Wärme aus den Holzabfällen einer Tischlerei zu errichten. „Die Herausforderungen liegen darin, einerseits gezielte Überzeugungsarbeit zu leisten sowie Unterstützung bei der Umsetzung anzubieten, und anderseits müssen wir die Installationsbetriebe eng einbinden, um die erforderlichen Umsetzungskapazitäten auch bereitstellen zu können“, sagt Franze.

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* Ampflwang im Hausruckwald, Attnang-Puchheim, Atzbach, Desselbrunn, Fornach, Frankenburg am Hausruck, Gampern, Gmunden, Laakirchen, Manning, Neukirchen an der Vöckla, Niederthalheim, Oberndorf bei Schwanenstadt, Ottnang am Hausruck, Pfaffing, Pilsbach, Pitzenberg, Pöndorf, Puchkirchen am Trattberg, Pühret, Redleiten, Redlham, Regau, Rüstorf, Rutzenham, Schlatt, Schörfling, Schwanenstadt, Seewalchen, Timelkam, Ungenach, Vöcklabruck, Vorchdorf, Wolfsegg am Hausruck und Zell am Pettenfirst.

** Fixe Zusagen gibt es bislang von Eisenstadt, Donnerskirchen, Mörbisch, Oslip, St. Margarethen, Schützen am Gebirge, Siegendorf, Trausdorf und Wulkaprodersdorf.

*** Aurach bei Kitzbühel, Fieberbrunn, Hochfilzen, Jochberg, Kirchdorf in Tirol, Kitzbühel, Oberndorf in Tirol, Reith bei Kitzbühel, St. Jakob in Haus, St. Johann in Tirol, St. Ulrich am Pillersee und Waidring.

Weitere Informationen:

Leitfaden Schwerpunktregion „Raus aus Öl und Gas“

KEM Schwerpunktregionen