Wenn Kraftwerke Seilbahn fahren

Bergwind

greenstarter im Porträt. Windkraftwerke auf Bergen zu errichten, ist technisch nicht einfach und politisch noch schwieriger. Doch wie wäre es, die mehr als 2.600 österreichischen Seilbahnen und Schlepplifte zur Erzeugung grünen Stroms zu verwenden? Genau das möchte das Start-up BergWind aus Oberösterreich erreichen.

„Der Grundgedanke war, dass uns im bergigen Land Österreich früher oder später die Flächen für die Erzeugung erneuerbarer Energie ausgehen werden“, erklärt Ibrahim Sagerer-Foric, Gründer von BergWind, wie ihm die Idee kam, Liftanlagen zur Energiegewinnung zu nutzen. Warum also nicht Bügel, Sessel und Gondeln in der betriebsfreien Zeit durch hängende Windturbinen und/oder Photovoltaik ersetzen?

Testphase. Seit März testet BergWind auf einem Lift in Attergau einen Prototyp, im Sommer sollen vier Pilotanlagen errichtet werden. Bei den Komponenten setzt Sagerer-Foric auf Produkte renommierter Hersteller – auf spanische Windturbinen, auf Befestigungssysteme österreichischer Seilbahnhersteller und auf Photovoltaik-Folien, die es ermöglichen, Module mit nur drei Kilogramm Gewicht zu fertigen. Die hängenden Windkraftwerke gibt es in zwei Größen mit drei und fünf Kilowatt Leistung.

In der einfachsten Variante werden die Windturbinen oder Solarmodule händisch in das Tragseil eingehängt – so wie das zu Saisonstart auch mit Schleppliftbügeln gemacht wird. In Phase zwei soll das System so weit ausgereift sein, dass zehn Windturbinen in nur 30 Minuten händisch montiert und demontiert werden können. „Alle hatten gedacht, es würde länger dauern. Doch schon den Prototyp hatten wir in nur fünf Minuten auf dem Seil“, ist  Sagerer-Foric zuversichtlich. In Phase drei schließlich möchte BergWind Seilbahnkraftwerke auf den Markt bringen, die analog zu den kleinen Gondeln von Umlaufseilbahnen vollautomatisch ins Tragseil ein- und ausklinken. Durch die einfache Handhabung und den Automatikbetrieb könnte auch während der Skisaison in der Nacht Windstrom erzeugt werden.

Bergwetter nutzen. Aber rechnen sich Kleinwindkraft und PV, wenn sie nicht ständig in Betrieb sind? „Ja“, ist der Gründer überzeugt. „Denn wie die Wetterdaten der Seilbahnunternehmen zeigen, weht auf den Bergen deutlich mehr Wind als über einem durchschnittlichen Einfamilienhaus, für das Kleinwindkraftwerke ja ursprünglich entwickelt wurden. Und auf dem Berg – also über der Nebelgrenze – stehen auch mehr Sonnenlicht und mehr diffuse Strahlung durch den Schnee zur Verfügung. Unser Ziel sind Seilbahnkraftwerke, die wirtschaftlich besser abschneiden als Photovoltaik-Freiflächenanlagen.“ Dass für diese neue Art der Energiegewinnung kein Boden versiegelt werden muss, ist gleichermaßen ein ökologischer und ökonomischer Vorteil.

Spätestens Anfang August sollen die Pilotanlagen Strom ins Netz liefern. Liegen die ersten Betriebsdaten vor, möchte Sagerer-Foric die GmbH gründen und einen Investorencall starten, um ab Herbst in die Skalierung zu kommen. Bis dahin wird auch die Anmeldung von insgesamt drei Patenten abgeschlossen sein.

„Das Interesse ist schon jetzt sehr groß – sowohl bei den Seilbahnunternehmen als auch bei potenziellen Investor:innen“, freut sich der Gründer – und ebenso über seine Nominierung unter die Top Ten von greenstart, der Start-up-Initiative des Klima- und Energiefonds. Er schätzt vor allem die Vernetzung und den Austausch, die Fülle an Ideen, aber auch das Lernen aus Fehlern anderer. Und er freut sich über die Unterstützung bei der Finalisierung seines Business-Modells.