Es war der Gärtner

KEM-Manager im Portrait. Er ruft Klimaschulen- und Contractingprojekte ins Leben, führt schon die Kleinsten an die Photovoltaik heran und macht aus Wiener Neustadt eine fahrradfreundliche Stadt. KEM-Manager Martin Hesik tut dies mit Leidenschaft und Sinn für Humor. Entspannung findet er in seinem Garten, den er Stück für Stück in ein kleines Paradies verwandelt.

Erinnern Sie sich an den wohlgenährten Radfahrer im roten String-Tanga? wn.radelt heißt die Kampagne, die KEM-Manager Martin Hesik im Vorjahr in der Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Wiener Neustadt startete und damit überregionale Beachtung erntete. Auch der KEM-Newsletter berichtete. Standen 2014 humorvolle Plakate, Testimonials und flankierende radverkehrspolitische Maßnahmen im Zentrum, rückt die Kampagne heuer den Gesundheitseffekt des Radfahrens in den Mittelpunkt. „wn.radelt auf Rezept“ lautet das Motto des Leitprojekts. Dabei soll das hohe Ansehen von ÄrztInnen genutzt werden, um die Bevölkerung zum Überdenken ihrer Mobilitätsgewohnheiten anzuregen.

 

Einkaufen mit Lara. Das selbe Ziel verfolgt ein öffentlicher Lastenradverleih. Den Namen für das ungewöhnliche Vehikel suchten Hesik und seine MitstreiterInnen über eine Abstimmung auf der Website der Wochenzeitung NÖN. „Es ist ein Mädchen“, kann man nun unter wn.radelt.at nachlesen. Lara wird sie heißen und demnächst einen Elektromotor eingepflanzt bekommen. Auch eine öffentliche Fahrradwerkstätte sperrt bald auf. „Dort kann man unter fachlicher Anleitung das eigene Fahrrad mit professionellem Werkzeug selbst reparieren“, erklärt Hesik. „Die Werkstätte wird von phönix Wiener Neustadt, einem sozialökonomischen Betrieb, geleitet.“ Bereits installiert ist die erste öffentliche Fahrrad-Luftpumpe am Hauptplatz. Gemeinsam mit der FH Wiener Neustadt testet der KEM-Manager heuer außerdem einen E-Bike-Verleih.

 

Seit 2006 arbeitet der studierte Raumplaner als Angestellter der Stadtgemeinde Wiener Neustadt, zuerst verantwortlich fürs Stadtmarketing und City-Management, seit November 2011 als Energiebeauftragter. Im Vorfeld der Einreichung für die Klima- und Energie-Modellregion absolvierte Hesik eine Energieberater-Ausbildung. „Wiener Neustadt ist seit 2013 KEM“, erläutert Hesik. „Dank der Mittel des Klima- und Energiefonds konnten wir eine Reihe von innovativen Projekten umsetzen, für die sonst wahrscheinlich kein Geld dagewesen wäre. Der Status einer Klima- und Energie-Modellregion erweitert außerdem den Blick über die Gemeindegrenzen hinaus und hilft mir bei der Argumentation im Inneren.“

 

Sonnenstrom für Kinder. Mit 13.000 SchülerInnen ist das 42.000 EinwohnerInnen zählende Wiener Neustadt die größte Schulstadt Niederösterreichs. Dementsprechend steht auch die Jugend ganz oben auf Hesiks Projektliste. Vor zwei Jahren startete er eine Photovoltaik-Offensive auf Schulen und Kindergärten. Inzwischen sind 14 Anlagen mit einer Leistung von 235 Kilowattpeak installiert. Die Erlöse aus dem Sonnenstrom werden 13 Jahre lang in neue PV-Anlagen investiert. Heuer sind zwei weitere Anlagen geplant. Gleichzeitig werden alle beteiligten PädagogInnen zum Thema Photovoltaik geschult und erhalten umfangreiche Unterrichtsmaterialien.

 

Das Klimaschulen-Projekt „Klimaschutz geht auch durch den Magen!“ schaffte eine Nominierung beim österreichischen Klimaschutzpreis 2015. In der Volksschule Pestalozzi, der Musikmittelschule Wiener Neustadt und der HTL Wiener Neustadt steht heuer das „Learning by Doing“ im Mittelpunkt. In den Schulhöfen und im „Sonnengarten“ des Akademieparks wird angepflanzt und geerntet, gekocht und gegessen – Bildung für Hirn und Gaumen. Was die Kinder und Jugendlichen dabei mitnehmen, klingt unter anderem so: „Das kann man alles essen? Ich will auch so einen Minigarten am Fensterbrett.“ Oder: „Das ist viel besser als im 5-Sterne-Hotel.“

 

Energieeffizienz. Heuer im Jänner beschloss die Stadtgemeinde Wiener Neustadt, neun öffentliche Gebäude, darunter Stadttheater, Stadtmuseum, Schulen und Kindergärten, im Rahmen eines Einspar-Contractings durch die Siemens AG sanieren zu lassen. 27 Prozent garantierte Energieeinsparung lautet der Deal. Ausschlaggebend für das Projekt war der Erfolg beim größten kommunalen Einzelverbraucher, dem Hallenbad „Aqua Nova“. Der Contractor investierte 2013 rund 1,5 Millionen Euro, um eine jährliche Energieeinsparung von 214.000 Euro zu erzielen. Im Vorjahr wurden sogar 230.000 Euro eingespart.

 

Für einkommensschwache Haushalte ist dagegen schon eine jährliche Energiekostenersparnis von 100 Euro eine echte Hilfe. „150 kostenlose Energieberatungen haben wir für diese Zielgruppe in den letzten beiden Jahren durchgeführt“, so Hesik. Mit im Gepäck hatten die BeraterInnen auch energieeffiziente Lampen sowie Fensterdichtmaterial.

Ansteckende Projekte. „Martin Hesik hat viel Schwung in die Klimaschutzaktivitäten der zweitgrößten Stadt Niederösterreichs gebracht“, meint Christoph Wolfsegger, Programm- und Research-Manager im Klima- und Energiefonds. „Es ist ihm nicht nur gelungen, tolle Projekte zu initiieren, sondern diese durch geschickte Kommunikationsmaßnahmen auch der Bevölkerung zu vermitteln.“

 

Auch privat versucht Hesik, sich möglichst klimafreundlich zu verhalten. „Meine Frau und ich haben unser Zweitauto verkauft. Wir teilen uns nun ein E-Auto, einen BMW i3, und nutzen auch den öffentlichen Verkehr“, erzählt er. Bereits vor zehn Jahren ließ Hesik in Willendorf an der Schneebergbahn ein Passivhaus für seine Familie errichten. Die schon im Ortsnamen angeführte Bahn war ein wichtiges Kriterium für die Auswahl des Grundstücks. Denn die 20 Kilometer zwischen Wohn- und Arbeitsort wären ihm am Fahrrad dann doch „zu sportlich“.

 

Grüner Daumen. Keine Mühe scheut er jedoch, sein kleines Gartenparadies zu verschönern. „Mit dem Bau einer Holzterasse vor ein paar Jahren hat alles angefangen, seither bin ich quasi vom Holz-Virus infiziert“, schmunzelt Hesik. Um die 30 Kubikmeter Lärchenholz hat Hesik in den letzten Jahren im Garten bereits verbaut: von Hochbeeten, Gewächshaus, Carport, Gründächern und Kindespielhaus bis hin zu Wegbefestigungen und Sitzplätzen. „Bei uns gibt 's fast nichts, was nicht aus Holz gebaut ist – ein wunderbarer natürlicher Werkstoff für 's Do-it-yourself“.

 

Gegartelt wird rund um den großen Schwimmteich, dem Zentrum des Gartens. Hesik: „Wir haben einen reinen Nutzgarten, da gibt ’s keinen Quadratzentimeter Rasenfläche. Über Terassen- und Schachtelbauweise versuche ich, der überschaubaren Grundfläche ein Maximum an Pflanzraum abzuringen. Mittlerweile haben so über 70 Obstbäume und -sträucher ihren Platz gefunden.“ Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird auch selbst kompostiert, das Regenwasser von Hausdach und Gründächern gesammelt und zur Gartenbewässerung verwendet. „Die Gründächer sammeln mir aber nicht nur das Regenwasser, sondern puffern im Sommer auch die Hitze weg, in Kombination mit dem Schwimmteich schafft dies ein eigenes, angenehmes Mikroklima.“


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KEM Wiener Neustadt
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