Mission possible?

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Interview. Krems an der Donau ist seit 2011 Klima- und Energie-Modellregion und seit dem Sommer 2024 auch eine von 47 österreichischen Pionierstädten in der von der FFG geförderten Mission „Klimaneutrale Stadt“. KEM-Managerin Stefanie Widhalm berichtet über die vielen Schritte für den Klimaschutz.

Die Stadtverwaltung von Krems möchte als Pionierstadt bis 2030 klimaneutral werden, 2040 soll es die ganze Stadt sein. Sind diese Ziele realistisch?

Stefanie Widhalm: Wir werden alles versuchen, unseren Klimafahrplan einzuhalten und suchen auch das Gespräch mit der Industrie und der Bevölkerung. Außerdem stehen wir in Austausch mit den anderen Pionierstädten. Aber natürlich werden die 100 Prozent nicht einfach.

Auf dem Papier hätte Krems eigentlich gute Karten, seine Ziele zu schaffen. 2019 hat der Gemeinderat ein Klimamanifest beschlossen und seit einem Jahr ist Peter Molnar Bürgermeister, der sein ganzes Berufsleben dem Klimaschutz gewidmet hat.

Ja, unsere Gemeinderatsbeschlüsse werden seit 2019 auf Kompatibilität mit den Klimazielen der Stadt geprüft. Was zunächst auf politische Diskussionen stieß, ist heute allgemein akzeptiert. Und der Erfahrungsschatz, den unser Bürgermeister aus seiner jahrelangen Arbeit für die oekostrom AG und das Klimabündnis mitbringt, wird sicher helfen, unsere Ziele zu erreichen.

Was unternimmt denn die Stadt intern?

Wir planen, sukzessive unseren Fuhrpark auf Elektrofahrzeuge umzustellen, einzelne Fahrzeuge inklusive des Bürgermeister-Autos sind schon elektrisch. Wir haben auch Dienstfahrräder, darunter drei E-Bikes, im Einsatz und sind dabei, gemeinsam Mobilitätslösungen für die verschiedenen Dienstwege zu entwickeln. Ab 2028 werden wir unsere Stadtbus-Flotte auf Elektrobus umrüsten.

Natürlich bauen wir auch die Photovoltaik weiter aus. Demnächst wird eine neue Anlage auf dem Dach der Feuerwehr Krems Süd ans Netz gehen. Sie verfügt über eine Spitzenleistung von 110 kWp und erstmals auch einen Speicher mit 100 kWh Speicherkapazität. Insgesamt soll der Jahresertrag aus stadteigenen PV-Anlagen heuer erstmals eine Million kWh erreichen. Wir sind dabei, einen Sanierungsfahrplan für öffentliche Gebäude zu erstellen und haben eine Energieraumplanung für die Stadt in Auftrag gegeben.

Der schwierigere Teil ist wahrscheinlich, die Bevölkerung zum Mitmachen zu bewegen?

Ja und nein. In Egelsee hat sich beispielsweise ein Verein gegründet, der einen Fahrtendienst als Ergänzung zum öffentlichen Verkehr betreibt. Die Stadt hat den Elektro-Kleinbus angeschafft, die Vereinsmitglieder lenken ihn ehrenamtlich. Die Bevölkerung nutzt seit nunmehr 20 Jahren auch die jährliche Zukunftskonferenz Krems, um ihre Ideen einzubringen – und so manche ist längst erfolgreich umgesetzt.

Anders ist die Situation bei der Heizungsumrüstung: Wir haben 2023 die Heizung der Kunsteisbahn getauscht, 2024 jene des Friedhofsgebäudes, aktuell wird das Feuerwehrzentrum an die Fernwärme angeschlossen. Private Heizungsumrüstungen sind in der aktuellen Situation angesichts der ausgeschöpften Fördermittel aber schwer zu vermitteln. Aber die Kremser:innen können sich der Energiegemeinschaft Göttweigblick anschließen und regionalen Ökostrom beziehen und/oder einspeisen. Diese hat bereits über 400 Mitglieder und mehr als 200 Produktionsanlagen. Die Stadt betreibt eine eigene Energiegemeinschaft für die kommunalen Gebäude und hat sich nun auch einer Bürgerenergiegemeinschaft angeschlossen.

Welche Maßnahmen ergreift die Stadt im Mobilitätsbereich?

Wir bauen unsere Radverkehrsinfrastruktur kontinuierlich weiter aus und möchten allgemein die aktive Mobilität in der Stadt fördern. Prinzipiell nutzten wir wie zuletzt in der Austraße notwendige Straßenerhaltungsmaßnahmen, um gleichzeitig Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr umzusetzen und Flächen, zum Beispiel auch Parkplätze, zu entsiegeln. Außerdem arbeiten wir an einem Mikro-ÖV-System (VOR Flex) für Stadtteile ohne direkte Stadtbusanbindung.

Krems ist sicher gut gerüstet für das nächste Donauhochwasser, für die nächste Hitzewelle auch?

Die zunehmende sommerliche Hitze ist in Krems schon deutlich zu spüren. So bereiten wir die Entsiegelung und Bepflanzung unserer Plätze vor, um trotzdem eine hohe Aufenthaltsqualität und Lebensqualität in der Stadt aufrechtzuerhalten. Nach der Umgestaltung des Hohen Markts geht es beim Dreifaltigkeitsplatz nun darum, den Denkmalschutz, die Funktion als wöchentlicher Marktplatz und das neue Stadtgrün in Einklang zu bringen – Stauden, Bäume, Trinkbrunnen und Stadtmobiliar, das zum Verweilen ohne Konsumzwang einlädt.

Als Nächstes wird der Hafnerplatz umgestaltet. Begonnen hat alles mit einem Interreg-Projekt gemeinsam mit der Universität für Weiterbildung Krems, durch das ein PopUpUrbanSpace auf dem Hafnerplatz vor der Volksschule und der Musikschule eingerichtet wurde. Und siehe da, auf einmal wurde dieser Bereich von weitaus mehr Fußgänger:innen frequentiert als zuvor. Die Musikschule nutzte den frei gewordenen Raum gleich für ein Freiluftkonzert. Mit solchen temporären Maßnahmen wollen wir die Bevölkerung auf die anstehenden Veränderungen vorbereiten.

Weitere Informationen:
KEM Krems (krems:energieautark)
Pionierstadt Krems
Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur: Klimaneutrale Stadt
Klimaneutrale Stadt (open4innovation)
FFG: Klimaneutrale Stadt
Klima- und Energiefonds: Mission Klimaneutrale Stadt