Klima- und Energie-Modellregionen: „Der größte Wurf seit Programmstart“

Ende April veröffentlichte der Klima- und Energiefonds seine aktuelle Ausschreibung. Darin sind einige erfreuliche Änderungen für die Klima- und Energie-Modellregionen (KEMs) enthalten. Christoph Wolfsegger, Programm- und Research-Manager im Klima- und Energiefonds, erklärt, welche.

KEM-Newsletter: Welche Neuerungen bringt die heurige Ausschreibung des Klima- und Energiefonds für die Klima- und Energie-Modellregionen?

 

Christoph Wolfsegger: Dabei handelt es sich meines Erachtens um den größten Wurf seit   Start des Programms Klima- und Energie-Modellregionen. Es kommt zu einer Änderung der Rechtsgrundlage. Die KEMs werden künftig als öffentlich-öffentliche Partnerschaft geführt. Das bedeutet, dass dann nur mehr öffentliche Träger wie zum Beispiel Gemeindeverbände als Träger der jeweiligen Klima- und Energie-Modellregionen in Frage kommen. Bisher konnten dies auch Private sein. Gleichzeitig wird die Weiterführungsphase der KEMs von zwei Jahren auf drei verlängert. Außerdem können nun bis zu 200.000 Euro pro KEM vergeben werden. Der Klima- und Energiefonds erwartet sich dadurch eine deutliche Stärkung der Position der KEM-ManagerInnen sowie mehr Stabilität für die KEM. 


Wie hat sich das Klimafonds-Programm Klima- und Energie-Modellregionen bisher bewährt?

 

Sehr gut. Das Grundkonzept hat sich als richtig und praktikabel erwiesen: Man braucht nicht nur Ideen, was man erreichen möchte und ein entsprechendes Umsetzungskonzept, sondern auch jemanden, der sich darum kümmert, dass die Pläne nicht wieder in der Schublade verschwinden. Und da leisten die KEM-ManagerInnen hervorragende Arbeit als treibende Kräfte in den Regionen. Gleichzeitig erhalten sie Schulungen und dabei auch Anregungen durch erfolgreiche Projekte anderer Modellregionen, die sie nahezu eins zu eins übernehmen können. So können die KEMs eine Breitenwirkung wie kein anderes Förderprogramm erreichen.

 

In einigen Bereichen scheint ein regelrechter Boom entstanden zu sein, etwa bei der Photovoltaik-Bürgerbeteiligung.

 

Genau. Mehr als 1.000 österreichische Gemeinden sind Teil einer Klima- und Energie-Modellregion, in denen inzwischen weit über 2.000 kleinere und größere Projekte umgesetzt wurden. So sind zahlreiche Photovoltaik-Anlagen mit Bürgerbeteiligung entstanden. Immer mehr Regionen entdecken auch die Vorzüge des E-Car-Sharings im ländlichen Bereich. Die KEMs spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung dieser Modelle – und ohne KEMs wäre auch die rasche Verbreitung über ganz Österreich unmöglich.

 

Wie soll die Entwicklung des KEM-Programms weitergehen?

 

Ein Schwerpunkt der Zukunft wird die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sein. Die KEM-ManagerInnen sind sehr nahe an den Problemen dran und haben guten Zugang zu Energiedaten, zum öffentlichen Sektor, zu Betrieben und Privaten. Dieses Know-how ist natürlich auch für neue Unternehmen interessant – nicht nur für jene, die am Klimafonds-Start-up-Programm greenstart teilgenommen haben. Ich denke da beispielsweise an Bürgerbeteiligungsprojekte, neue Geschäftsmodelle im Verkehrsbereich oder Kooperationen mit Energieversorgungsunternehmen, die durch das Energieeffizienzgesetz zu Energieeinsparungen verpflichtet sind.

 

Die Zahl der KEMs ist heuer auf 104 gesunken. Was sind die Gründe dafür?

 

Das hat damit zu tun, dass im Vorjahr keine neuen KEMs ausgeschrieben wurden. Einige KEMs wurden aufgrund der Gemeindestrukturreform in der Steiermark, politischer Wechsel oder Kofinanzierungsschwierigkeiten nicht weitergeführt.

 

Heuer werden wieder neue KEMs gesucht. Gibt es schon interessierte Regionen?

 

Ja, wir erhalten bereits zahlreiche Anrufe.

 

Mit wie viel Jahren Unterstützung dürfen neue KEMs nun rechnen?

 

Die neuen Klima- und Energie-Modellregionen haben maximal ein Jahr Zeit für die Konzeptentwicklung, danach folgen zwei Jahre Umsetzungsphase. Unter aktuellen Voraussetzungen können dann noch zusätzliche Weiterführungsjahre folgen, sofern unsere Jury die Region als positiv beurteilt. Kaum eine Region konnte nach der Umsetzungsphase nicht ausreichend Erfolge vorweisen.

Was zeichnet gute KEM-ManagerInnen aus? Welche Fähigkeiten sollten sie mitbringen?

 

Es gibt zwei unterschiedliche Zugangsweisen. Entweder man kommt aus der Öffentlichkeitsarbeit und erlernt die technischen Aspekte der Arbeit. Oder man kommt aus einem technischen Beruf und muss sich dann mit Kommunikation beschäftigen. Um es in der Fußballsprache auszudrücken: Gute KEM-ManagerInnen sollten von allen Seiten – Politik, Bevölkerung und Klimafonds – anspielbar sein und einen Zug zum Tor haben. Sie müssen ihre GemeinderätInnen und BürgermeisterInnen immer wieder ansprechen – und wenn diese dann anrufen, um bei den KEM-ManagerInnen Rat einzuholen, dann haben sie es geschafft.

 

Wie hat sich das Qualitätsmanagement (KEM-QM) bewährt?

 

Bestens. Die KEMs erhalten dadurch externe Beratung – und es ist auch keine einzige Region am abschließenden Audit gescheitert. Im Gegenteil, die Audits lieferten den KEMs wertvolle Informationen über ihre Potenziale und Weiterentwicklungsmöglichkeiten in Sachen Energiewende.

 

Wie halten Sie es persönlich mit dem Klimaschutz?

 

Mir fällt es zum Beispiel leicht, einen Deckel auf den Topf zu geben, kein Auto zu besitzen, mit erneuerbarer Energie zu heizen und mit dem Fahrrad in die Arbeit zu fahren. Das ist kein Opfer für mich, sondern spart mir Geld oder bringt Lebensqualität. Da ich aus familiären Gründen auch immer wieder nach Schweden reise, fällt es mir schwer, gänzlich auf Flugreisen zu verzichten. Alle müssen für sich definieren, was für sie „Opfer“ bedeutet. Man wird jedoch sehr früh draufkommen, dass viele Verhaltensänderungen keine „Opfer“ sind, sondern konkrete Vorteile mit sich bringen. Beispielsweise finden nun auch manche Schwedenreisen mit meiner Familie im Auto oder Zug statt und werden zu lustigen mehrtägigen Roadtrips.

 

Danke für das Gespräch.