Unsere Städte werden im Zuge des Klimawandels immer heißer. Lebende Fassaden und grüne Dächer wirken dem entgegen und sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Das Leitprojekt „Greenovate K(r)EMs“ widmet sich der Begrünung von Gebäuden, dokumentiert den Planungsprozess, die getroffenen Maßnahmen und Effekte und entwickelt einen praxisorientierten Leitfaden zur Gebäudebegrünung.
„In zahlreichen Metropolen der Welt gibt es wunderbare Beispiele für grüne Gebäude im Sinne der Nutzung von Pflanzen an Fassaden und auf Dächern – auch in Wien“, erklärt Christian Braun, KEM-Manager in Krems. „In kleinen und mittelgroßen Städten sucht man jedoch vergeblich nach solchen Gebäuden, die das Mikroklima für die BewohnerInnen, aber auch für die Umgebung des Gebäudes verbessern.“ Das möchte Braun ändern. Bereits 2016/17 hat er das Thema Gebäudebegrünung im Rahmen eines Klimaschulenprojekts aufgegriffen. Ende März 2019 sollen nun in Krems auch zwei Wohngebäude zart ergrünen, ein Alt- und ein Neubau.
Grüne Klimaanlagen. Begrünte Gebäude haben in Österreich eine lange Tradition. Vor allem Backsteinfassaden wurden und werden gerne mit Efeu oder Veitschi bepflanzt – und was wäre ein Heuriger ohne knorrige Weinstöcke mit ihren grünen und herbstlich roten Blättern? Die Pflanzen bieten einerseits einen erfreulichen Anblick und beeinflussen andererseits das Mikroklima positiv – nicht nur für die BewohnerInnen.
Sie mildern die Sommerhitze und spenden Feuchtigkeit, filtern Staub aus der Luft, geben Schatten und liefern als Spalierobst sogar Früchte. Dicht bewachse Fassaden werden nicht nur von Wildbienen und Schmetterlingen besiedelt, sondern manchmal sogar von kleinen Singvögeln als Nistplatz auserwählt. Dachgärten können das ganze Haus mit frischen Kräutern, Obst und Gemüse versorgen. Ist das Flachdach stabil genug für eine Extensiv- oder sogar Intensivbegrünung, fungiert das Pflanzensubstrat auch als Wärmedämmung der obersten Geschoßdecke.
Professionelle Planung. Wer sich an die Fassadenbegrünung oder Dachgartenplanung macht, sollte allerdings wissen, was er oder sie tut. Denn Kletterpflanzen können auch zu Bauschäden führen. Nicht jede Pflanze passt zu jedem Gebäude – und natürlich ist auch die Statik von Flachdächern zu berücksichtigen, bevor man sich ans Urban Gardening macht. Eine sorgsame Planung von Begrünungen ist unerlässlich. Greenovate-Projektleiter Christian Stenzel hat daher ein namhaftes Team von ExpertInnen um sich geschart.
Mit an Bord sind die Landschaftsplanerin Christine Rottenbacher sowie die Leiterin des Zentrums für Bauklimatik und Gebäudetechnik der Donau-Uni Krems, Daniela Trauninger. Green4Cities aus Wien versteht sich als internationales Kompetenzzentrum für urbane grüne Infrastruktur und wird die Auswirkungen der Begrünung auf die beiden Kremser Gebäude vermessen und dokumentieren. Die GEDESAG stellt zwei ihrer Gebäude zur Verfügung und tritt auch als Co-Financier auf
Die eigentliche Begrünung der beiden Wohnbauten ist nicht Gegenstand des Leitprojekts Greenovate K(r)EMs. „Es geht in erster Linie darum, einen Best-practice-Planungsprozess von A bis Z durchzuspielen und dies bei einem Bestandsgebäude und einem Neubau zu dokumentieren. Dadurch wollen wir möglichst viele andere KEMs, aber auch Wohnbauträger ermutigen, ebenfalls klimarelevante Gebäudebegrünungen durchzuführen und Fehler zu vermeiden“, erläutert Stenzel.
BürgerInnenbeteiligung. „Die BewohnerInnen sollen von Anfang an in das Projekt eingebunden werden“, sagt Stenzel. Denn einerseits sollen die Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden, anderseits möchte das Projekt auch ausloten, inwieweit die Bevölkerung dafür zu gewinnen ist, Begrünungsprojekte mitzufinanzieren und/oder bei der Pflege des neuen Grüns mitzuhelfen.
Dabei wird das Team wohl auch mit Ängsten vor Insekten und Spinnen umgehen müssen. „Da muss man dann klären, was den Menschen wichtiger ist: ein Beitrag zur Biodiversität, ein angenehmeres Mikroklima in der eigenen Wohnung und die Chance, vom Fenster aus Naturbeobachtungen machen zu können – oder die Angst vor Krabbeltieren“, so Stenzel.
Leitfaden. Greenovate K(r)ems wird sorgsam dokumentiert. Die Ergebnisse werden in einen Leitfaden einfließen, der praxistaugliche Tipps für alle Aspekte von Begrünungsprojekten enthalten soll. Die Begrünung der beiden Wohnhäuser – welche das sind, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest – wird auch filmisch festgehalten. Mit Projektende sollen nächstes Jahr alle Informationen online zur Verfügung stehen.
„Greenovate K(r)ems ist eines von neun innovativen Leitprojekten der Klima- und Energie-Modellregionen, die der Klima- und Energiefonds heuer unterstützt“, erklärt Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds. „Greenovate K(r)ems zeigt auf, welche vielfältigen Vorteile es für Städte bringen kann, wenn man mit der Natur statt gegen sie arbeitet. Ich bin sehr auf die Ergebnisse gespannt.“