Hartberg stoppt Gasnetzausbau

Erst vor drei Jahren wurde die erste Erdgasleitung zu einem Hartberger Unternehmen gelegt. So entstanden Diskussionen rund um die Frage, ob in der Stadtgemeinde ein Erdgasnetz entstehen soll. Als Klima- und Energie-Modellregion (KEM) – und mit einer aktuellen Wertschöpfungs-Studie im Rücken – machte der Gemeinderat einem derartigen Ansinnen nun einen Strich durch die Rechnung. Gleichzeitig fördert Hartberg großzügig den Umstieg auf Biomasse-Heizungen und Fernwärmeanschlüsse.

Der Umstieg auf Biomasse nützt nicht nur dem Klima, sondern dient auch der Steigerung regionaler Wertschöpfung – besonders im Vergleich zur Wertschöpfung durch das Heizen mit Erdgas. Das zeigt eine aktuelle Studie, die der Klima- und Energiefonds bei der Österreichischen Energieagentur beauftragt hat – und zwar am Beispiel von Hartberg. Am 26. März wurde die Studie präsentiert, am 13. April fiel der Gemeinderatsbeschluss. So schnell wurde erst selten wissenschaftliche Erkenntnis in konkrete Politik umgesetzt.

 

Gemeinderatsbeschluss. Ab sofort stellt die Stadtgemeinde Hartberg mit den Stimmen aller vier im Gemeinderat vertretenen Parteien keine Grundstücke mehr für den Bau von Erdgasleitungen zur Verfügung. Da sich sehr viele Straßen und Gehsteige in Gemeindeeigentum befinden, kommt dies einem Ausbauverbot für Erdgasleitungen nahe. Der einstimmige Gemeinderatsbeschluss sieht jedoch eine Ausnahme für Prozesswärme vor, um nicht künftige Ansiedlungen von Unternehmen mit Erdgasbedarf zu unterbinden. Im Originaltext lautet die Formel:

 

„Für die Errichtung von Erdgasversorgungs-Infrastruktur, zum Zwecke der vorwiegenden Produktion (über 50 %) von Niedertemperaturwärme bis 95° C, wird keine Genehmigung für die Inanspruchnahme von öffentlichem Gemeindegut oder sonstigem Gemeindeeigentum (inkl. Eigentum der 100-%-Tochter-Gesellschaften der Gemeinde), erteilt. Dies schließt auch die Errichtung von Erdgas-Leitungsnetzen mit ein.“

 

Meilenstein. „Wir haben mit diesem Gemeinderatsbeschluss ein Modell geschaffen, das auch viele andere Gemeinden übernehmen könnten“, freut sich Anton Schuller. Er leitet das Referat Umwelt und Energie der Stadtgemeinde Hartberg und ist als KEM-Manager tätig. „Es beschleunigt den Umstieg auf erneuerbare Energieträger, schränkt die Gemeinde aber auch nicht ein, wenn sich ein Betrieb mit Erdgasbedarf ansiedeln möchte.“

CO2-Effekt. Anlassfall für diesen Beschluss war auch ein konkret vom Gasversorger angedachter Ausbau des Gasnetzes. Dies hätte ein bereits geplantes Biomasse-Nahwärmenetz für etwa 10 Betriebe und zwei Privathäuser, mit einer Jahresenergiemenge von einer Gigawattstunde, ersetzt. So wurde eine CO2 Einsparung von zumindest 250 Tonnen gegenüber Gas ermöglicht.

 

Förderungen. Diesen Umstieg erleichtert Hartberg seinen BürgerInnen auch durch Förderungen von jeweils 1.500 Euro beim Anschluss an die Biomasse-Fernwärme oder Kauf einer Biomasse-Heizung. Gemeinsam mit Förderungen des Landes und des Klima- und Energiefonds erhalten die HartbergerInnen beim Umstieg auf einen Pelletskessel 5.000 Euro „Umstiegsprämie“. Auch die Errichtung eines privaten Biomasse-Heizwerks wurde im Vorjahr von der Gemeinde unterstützt.

 

„Dieser Beschluss, dem weiteren Ausbau des Erdgasnetzes einen Riegel vorzuschieben und sich für eine klimafreundliche und nachhaltige Energieversorgung zu entscheiden, ist – auch europaweit gesehen – ein Meilenstein. Ich gratuliere daher dem Gemeinderat zu diesem gleichermaßen konsequenten und mutigen Schritt“, erklärt Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds.


Weitere Informationen:
KEM Hartberg